Wahl-Check Buchbranche

Was die SPD vorhat

8. September 2021
von Börsenblatt

Welche Agenda haben die Parteien für Buchhandel, Verlage und Lesekultur? Am Wahl-Check des Börsenblatts haben sich SPD, FDP und LINKE beteiligt, CDU und Grüne nicht. Lesen Sie hier, wie sich die SPD zu den Kernfragen der Buchbranche positioniert.

 

Buchpreisbindung

Die Buchpreisbindung garantiert die Qualität und Vielfalt des Buchangebots in Deutschland - und dessen Verbreitung und Vermittlung durch eine große Zahl an Buchhandlungen. Wie stehen Sie zur Buchpreisbindung und ihrer kulturpolitischen Funktion?

SPD: Das Buch ist ein besonderes Gut, Wirtschaftsprodukt und Kulturgut zugleich, keine bloße Handelsware. Die SPD tritt daher seit jeher für die Buchpreisbindung ein und will sie auch weiterhin stärken. Die Buchpreisbindung ist ein sozialdemokratisches Erfolgsprojekt. Unter Bundeskanzler Gerhard Schröder wurde 2002 das Buchpreisbindungsgesetz geschaffen und das Ziel der Buchpreisbindung – der Schutz des Kulturgutes Buch – wird bis heute in der Kultur- und Medienpolitik begrüßt.
Die Buchpreisbindung ermöglicht mit der Festsetzung der Preise für Bücher und auch für E-Books die besondere kulturelle Vielfalt auf dem deutschen Literaturmarkt. Diese Vielfalt bringt eine lebendige Buchkultur und stärkt Verlage, Autorinnen und Autoren und Buchhandlungen in der Stadt und im ländlichen Raum gleichermaßen. Mit dem deutschen Buchhandlungspreis und dem Verlagspreis, der 2019 startete, unterstützen wir die Branche zusätzlich.
Wir bekennen uns daher klar zur Buchpreisbindung.

Digitalisierung

Unregulierte Plattform-Monopole und das Mantra vom kostenlosem Kultur-Konsum gefährden die Arbeit von Verlagen. Stimmen Sie dieser Aussage zu?
Wenn ja: Welche Maßnahmen zur Stärkung einer unabhängigen Verlagslandschaft wollen Sie ergreifen?
Wenn nein: Wer könnte die Rolle der Verlage übernehmen?

SPD: Die deutsche Buch- und Verlagsbranche steht vor großen Herausforderungen, die sich durch die zunehmende Digitalisierung und die tiefgreifende Mediatisierung aller Lebensbereiche verschärfen. Literatur hat eine große Bedeutung für unsere Gesellschaft. Die deutsche Literaturlandschaft ist einzigartig, vielfältig und lebendig. Dies zeigt sich in unserem breit gefächerten Verlagswesen, zu dem sich die SPD bekennt und das wir bewahren und stärken wollen. Auch die Buchpreisbindung ist für uns nicht verhandelbar.
Mit der Umsetzung der EU-Urheberrechtslinie hat sich die SPD für die Wiederherstellung der Verlegerbeteiligung bei den Verwertungsgesellschaften eingesetzt. Zudem sind Plattformen nun gegenüber den Rechteinhaberinnen und Rechteinhabern verantwortlich für Rechtsverletzungen und müssen künftig Lizenzen erwerben. Die Regelungen, die im Gesetz zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie getroffen wurden, müssen sich nun zunächst bewähren. Wir beobachten dies aufmerksam.

Leseförderung

Lesefähigkeit ist eine Kernkompetenz, die für die gesellschaftliche Teilhabe unabdingbar ist. Wie wollen Sie den Nationalen Lesepakt voranbringen, den das Bundesbildungsministerium in dieser Legislaturperiode mit angestoßen hat?

SPD: Für die Entwicklung der Kinder ist die (Vor-)Lesezeit von enormer Relevanz, denn sie beugt spätere geringe Literalität gezielt vor. Die SPD will den Nationalen Lesepakt dadurch voranbringen, dass erfolgreiche Programme zur frühen Sprach- und Leseförderung für Familien mit Kindern im Kindergarten- und Vorschulalter vermehrt gefördert werden. Eine sehr frühe Form der Weitergabe von Informationen zur Lese- und Sprachförderung könnte aus unserer Sicht beispielsweise nicht nur durch Ärzte, sondern auch durch Hebammen erfolgen, die gerade im ersten Lebensjahr vielfach in engem Kontakt zu Eltern und Geschwistern stehen.

Verlagsförderung

Eine von der Kulturstaatsministerin beauftragte Studie (April 2021) stellt fest, dass die Verlagsvielfalt hierzulade bedroht ist und "nicht allein durch die Marktdynamik erhalten werden kann". Werden Sie sich in der nächsten Legislaturperiode für eine strukturelle Verlagsförderung einsetzen?

SPD: Die Kultur- und Kreativwirtschaft gehört zu den umsatz- und beschäftigungsstärksten Bereichen unserer Volkswirtschaft. Deshalb gehören ihre Belange für uns auch in den kulturpolitischen Blick. Sie brauchen ebenso wie die Kultur insgesamt eine eindeutige Verankerung auch auf der Bundesebene. Es gibt herausragende Kunst, die ohne staatliche Förderung zustande kommt. Damit das so bleibt, wollen wir ihre wirtschaftlichen Förderer*innen unterstützen. Wir werden uns daher auch um die entsprechenden Kulturmärkte zum Beispiel in Literatur, Kunsthandel und Musik kümmern, ordnungspolitische Initiativen ergreifen und Marktrahmenbedingungen gerade angesichts der Digitalisierungsumbrüche so gestalten, dass kulturwirtschaftlich inhaltebezogene Geschäfts- und Erlösmodelle gestärkt werden. Dort, wo zunehmendes Marktversagen festzustellen ist – wie beispielsweise bei Literaturverlagen –, werden wir gezielte Förderinstrumente entwickeln, um kulturelle Vielfalt sicher zu stellen.

Digitale Leihe

Wie wollen Sie die digitale Leihe für öffentliche Bibliotheken gestalten, ohne den Primärmarkt und damit die Einnahmen für Autor*innen und Verlage zu gefährden? Und wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zu der von Verlagen, Bibliotheken und Autor*innen geforderten Erhöhung der Bibliotheksetats?

SPD: Die SPD will eine überzeugende und moderne Lösung für das Thema „E-Lending“ finden. In einer zunehmend digital geprägten Welt ist für uns zentral, dass Bibliotheken ihrem Funktionsauftrag auch in einer digitalen Welt gerecht werden können. Aus unserer Sicht ist eine gesetzliche Regelung dazu vor allem deshalb notwendig, um zu einem gerechten Interessenausgleich zu kommen und um dem e-Lending zu fairen Konditionen für alle Seiten den Weg zu ebnen. Wir streben daher eine gesetzliche Regelung an, die es den Bibliotheken ermöglicht, E-Books zu fairen und angemessenen Konditionen und ohne zeitliche Verzögerung zu lizensieren und die zugleich eine faire und angemessene Vergütung der Urheber und Verlage sicherstellt.

Zukunft der Innenstädte / des Einzelhandels

Was wollen Sie konkret tun, um die Zukunft der Innenstädte nach Corona zu gestalten und zu sichern?

SPD: Eines der Kernelemente einer attraktiven Innenstadt ist der Einzelhandel. Die Digitalisierung verändert die Struktur des Einzelhandels. Jedoch gibt es kaum noch schwarz oder weiss, auch stationäre Einzelhändler sind heute häufig im digitalen Bereich erfolgreich, die meisten verfolgen eine Doppelstrategie in beiden Bereichen. Vor diesem Hintergrund müssen wir unsere Innenstädte neu denken, Nutzungen flexibler gestalten, die Aufenthaltsqualitäten verbessern, öffentliche Räume aufwerten und bei Nachnutzungen kreativer sein. Ohne dass etwas geschieht, laufen die Innenstädte sonst Gefahr, mehr und mehr an Anziehungskraft zu verlieren. Mit dem Bundesprogramm "Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren" stellen wir seit August 2021 250 Millionen Euro für Modellprojekte zur Verfügung. Städte und Gemeinden sind aufgerufen Projektvorschläge für innovative Konzepte und Handlungsstrategien zur Stärkung der Resilienz und Krisenbewältigung zu unterbreiten. Die Ergebnisse wollen wir zügig evaluieren und daraus Maßnahmen ableiten, die auch anderen Kommunen helfen können. Für weitere baurechtliche Maßnahmen werden wir in der kommenden Legislaturperiode unverzüglich eine Baurechtsnovelle für zukunftsfähige Innenstädte erarbeiten und umsetzen. Um den Städten und Gemeinden eine aktive und nachhaltige Bodenbevorratung zu ermöglichen und Handlungsspielräume für die Stadtentwicklung zu erweitern, sollten vermehrt Bodenfonds auf regionaler oder kommunaler Ebene eingerichtet werden.