Die Sonntagsfrage

Reprodukt hat Erfolg mit Crowdfunding – werden Sie es wieder tun, Herr Rehm?

1. Mai 2022
von Börsenblatt

Der Berliner Reprodukt Verlag hat seine Community per Crowdfunding um Unterstützung fürs Herbstprogramm gebeten – mehr als 72.000 Euro sind schon zusammengekommen. Warum wurde die Sammelaktion nötig? Was genau wird mit dem Geld passieren? Und welche Rolle spielen die Prämien für den überwältigenden Erfolg? Antworten von Reprodukt-Verleger Dirk Rehm. 

Reprodukt-Verleger Dirk Rehm, gezeichnet von Mawil

Reprodukt-Verleger Dirk Rehm, gezeichnet von Mawil

Im deutschen Sprachraum haben wir eine kleine, aber lebendige und überhaupt großartige Comic-Szene, in der eine große Solidarität herrscht. In der Verlagsarbeit stehen wir in regem Austausch mit unseren Leser:innen, und viele unserer Künstler:innen sind in den sozialen Medien sehr aktiv. So war uns bewusst, dass wir mit Unterstützung der Zeichner:innen eine große Community erreichen könnten. Außerdem hatten wir ein positives Beispiel vor Augen: Der amerikanische Verlag Fantagraphics hat 2014 erfolgreich eine Spendenaktion gestartet, um sein Frühjahrsprogramm zu finanzieren. Kim Thompson, einer der beiden Verlagsgründer, auf dessen Schultern ein Großteil der Programmarbeit ruhte, war verstorben. Unser Verlagsprofil ist dem von Fantagraphics sehr ähnlich, auch wenn wir hierzulande ein ungleich kleineres Lesepublikum haben.

Wir haben unsere Zielvorgabe (30.000 Euro) nach zwei Tagen erreicht und können unseren Leser:innen und Künstler:innen nicht genug dafür danken – und wir sind sehr motiviert dank dieser tollen Rückmeldung! Weitere Details und welche Projekte mit dem Geld finanziert werden sollen, gibt es auf unserer Crowdfunding-Seite bei Start Next

Wir haben unsere Zielvorgabe (30.000 Euro) nach zwei Tagen erreicht und können unseren Leser:innen und Künstler:innen nicht genug dafür danken – und wir sind sehr motiviert dank dieser tollen Rückmeldung!

Anders als bisher möchten die Druckereien Anfragen heute nicht mehr zwei bis drei Monate im Voraus, sondern mit einem Vorlauf von einem halben Jahr und länger. Wir unterzeichnen Druckaufträge, nur um zu hören, dass sie nicht ausgeführt werden können, weil die Papierhersteller die Preise wieder und wieder unverhofft anheben. Und bestelltes und zugesagtes Papier ist häufig von heute auf morgen nicht lieferbar. Aktuell herrscht blankes Chaos in der Papier- und Druckindustrie. Größere Verlage mit höheren finanziellen Rücklagen und Papiervorräten können allerdings sicher besser planen als wir.

Aktuell herrscht blankes Chaos in der Papier- und Druckindustrie.

Das Geld soll als eine Art Grundsicherung dienen, kurzfristig die gestiegenen Kosten für Rohstoffe, Energie, Fracht und Papier auszugleichen. Mit dem erfolgreichen Crowdfunding ist unser Herbstprogramm abgesichert - sofern die Papierpreise nicht weiter ins Unermessliche steigen. Vermutlich werden wir langfristig nicht umhin kommen, die gestiegenen Produktionskosten durch höhere Verkaufspreise auch an die Leser:innen weiterzugeben, aktuell jedoch ist die Situation so unwägbar, dass wir sehr erleichtert sind, ein Polster zu haben.

"Prämien machen ohne Frage einen hohen Anreiz aus, zu spenden"

Welche Rolle die Prämien für unseren Crowdfunding-Erfolg spielen? Prämien machen ohne Frage einen hohen Anreiz aus, zu spenden. Unsere Zeichner:innen aus dem In- und Ausland haben Originale und Drucke gestiftet, die sonst nur über den direkten Kontakt mit ihnen erhältlich sind, es gibt dafür keinen Marktplatz. Die erste Runde von Prämien wurde von unseren Künstler:innen gestiftet, daher sind zunächst keine Kosten entstanden. Nach Erreichen der Zielmarke jedoch haben wir weitere Drucke und Originale angekauft, damit unsere Künstler:innen auch von der Aufmerksamkeit profitieren, die wir mit dem Crowdfunding erzielen. So hoffen wir, ein bisschen was zurückgeben zu können.

"Die Crowdfunding-Aktion wird einmalig bleiben"

Wenn es bei uns im Reprodukt Verlag wieder eng werden sollte, müssen wir andere Lösungen finden. Die Crowdfunding-Aktion wird einmalig bleiben. Wir haben auf das Wohlwollen und die Solidarität unserer Leser:innen und Künstler:innen gesetzt, aber so etwas häufiger zu machen, dürfte zur Unglaubwürdigkeit führen. Und auch wenn wir uns mit unserem Programm in einer Nische des Mediums verorten, wollen wir doch von dem existieren, was wir aus eigener Kraft erwirtschaften.