Übersetzer:innen auf dem Cover

„Tut uns nicht mal weh“

28. Januar 2022
von Börsenblatt

In ihrer Replik auf Vito von Eichborns Zwischenruf erläutert Programmleiterin Judith Weber, weshalb beim mareverlag die Übersetzerinnen und Illustratoren einen festen Platz auf dem Cover haben.

Kürzlich entdeckte ich in meiner lokalen Buchhandlung den Namen einer meiner Lieblingsübersetzerinnen auf dem in meinen Augen sonst eher unauffälligen Cover eines mir bis dahin unbekannten Romans eines mir bis dahin unbekannten Autors. Meine Neugier war sofort geweckt. Der besagte Name ist für mich nicht nur Garant für eine kluge, einfühlsame und im wahrsten Sinne des Wortes sprachmächtige Übersetzung, sondern in den allermeisten Fällen auch für literarische Stoffe, die mich ansprechen und über die Lektüre hinaus beschäftigen. Ich nahm den Roman mit nach Hause und fand meine Erwartungen bestätigt.

Der mareverlag nennt Übersetzer:innen und Illustrator:innen seit Verlagsgründung unabhängig von deren Renommé auf dem Cover – in der Belletristik ebenso wie beim Sachbuch. Und das tut uns noch nicht einmal weh.

Judith Weber

Der mareverlag nennt Übersetzer:innen und Illustrator:innen seit Verlagsgründung unabhängig von deren Renommé auf dem Cover – in der Belletristik ebenso wie beim Sachbuch. Und das tut uns noch nicht einmal weh – es hat uns bis heute noch keine Leser:innenpost erreicht, die diesen Umstand monierte, wohl aber gab es über die Jahre zahlreiche Stimmen, die unser gelungenes Coverdesign lobten, dem der zusätzliche Schriftzug folglich keinen Abbruch tut.

Literarische Übersetzer:innen begehen durch ihre Übertragungen unbestreitbar einen schöpferischen Akt. Bei allem Respekt für die Fähigkeiten heutiger Übersetzungsprogramme ist mir noch keines untergekommen, das die feinen Zwischentöne eines Originaltextes erfassen, geschweige denn in eine andere Sprache transportieren konnte.

Ohne den kreativen Einsatz fähiger und engagierter Übersetzer:innen – die, wir wissen es alle, zumeist Idealist:innen sind und sich mit ihrer Arbeit selten eine goldene Nase verdienen – wären wir in den Verlagen aufgeschmissen, das sollten wir anerkennen. Bei mare tun wir dies nicht nur durch die konsequente Nennung auf dem Cover, sondern auch, indem wir uns 2014 der gemeinsamen Vergütungsregel angeschlossen haben, nach der die Übersetzer:innen als Urheber:innen des deutschen Textes ab dem ersten verkauften Exemplar an den Erlösen des Verlags beteiligt werden.