5. eBookCamp

Hamburg wird auch 2016 elektrisch

9. November 2015
von Börsenblatt
Zwölf Sessions rund ums digitale Publizieren, zufriedene Sponsoren und eine gute Platzierung in den Twittertrends: Das eBookCamp zog bei seiner fünften Auflage am Wochenende in Hamburg  mehr Teilnehmer an als je zuvor. Das Erfolgsformat setzt auf einen Mix aus Barcamp-Atmosphäre, praxisnahen Sessions und Schlipslosigkeit.

Im Hamburger betahaus, hinter graffitibesprühten Fassaden und in direkter Nachbarschaft zur legendären Roten Flora kamen am Samstag die Digitalisierungsprofis der Buchbranche zusammen - mal wieder, muss man in den meisten Fällen sagen, denn das Gros der Camper kennt sich längst, fiebert dem eBookCamp bereits lange im Vorfeld entgegen. Mit 120 statt 70 Teilnehmern fiel das Klassentreffen in diesem Jahr etwas größer aus als sonst, wurden doch mehr Sponsorentickets vergeben als in den Jahren zuvor.

Nahezu unverändert präsentierte sich in diesem Jahr das Konzept: Zwölf durch eine Jury ausgewählte Sessions, davon je drei parallel, viel Raum zum Netzwerken, eine Party am Ende des Samstagabends und dazu weitere Netzwerkformate mit Pfiff: Blind Dates in Kabinen mit anderen eBook-Campern (zum fachlichen Austausch versteht sich) - und dann hatte der Sponsor readbox doch tatsächlich eine Kartenlegerin engagiert, die den Teilnehmern die Zukunft voraussagte. 

Auch das fünfköpfige Organisationsteam hatte sich die Karten legen lassen: Viele Herzen, bevorstehende personelle Veränderungen, aber eine glänzende Zukunft für das Camp 2016 - gut möglich, dass die Wahrsagerin hier voll ins Schwarze getroffen hat. Erstmals hatten sich Ute Nöth, Carsten Raimann, Janina Hein, Felix Wolf und Andrea Schlotfeldt in ihren weißen Kapuzenpullovern nämlich selbst an eine eigene  Session gewagt, um öffentlich die Zukunft des Veranstaltungsformats auszuloten. Das fünfjährige ehrenamtliche Engagement neben Job und Familie ist anstrengend - wären die Rückmeldung und das Feedback nicht stets so positiv, wäre das eBookCamp wohl längst Geschichte. Freimütig erzählen die Camper, die sich alle duzen, warum sie jedes Jahr wiederkommen: "Weil hier statt wenigen CEOs viele Digitalpraktiker auf einem Haufen sind", "weil man auch unbequeme Fragen stellen kann", "weil man gezwungen wird, mitzumachen", "weil man mit Gleichgesinnten ins Gespräch kommt". Das Camp wird getragen von einem Geist der Freiwilligkeit, des Willens zum Austausch - der Anteil werblicher Veranstaltungen ist von Anfang an marginal, es wird viel offener über die Praxis und Fehlschläge gesprochen als bei kommerziellen Formaten, deren Ticketpreise oft zehnfach oder zu Teil dreißigmal so hoch liegen wie in Hamburg.

Im nächsten Jahr, so das Orgateam, könnte eine Session erst vor Ort festgesetzt werden. Außerdem gibt es Überlegungen, mehr Helfer einzuspannen und die Universitäten einzubinden.

Viel Input: Zwöf Sessions zur Gegenwart und Zukunft des digitalen Publizierens

Marcel Knöchelmann, Martina Steinröder, Jakob Jochmann, Steffen Meier, Karla Paul, Laura Sonnefeld, Nadja Mortensen, Christian Gogic, Mara Giese, Iris Kirberg, Andrea Kock, Kornelia Holzhausen, Susanne H. Schmitz, Tina Giesler, Karl von Wendt, Sabine Landes, Caspar Armster und Anna Karina Birkenstock boten in je 50 Minuten Input: Karla Paul berichtete von der Gründung des Digitalverlags edel & electric, den sie für die Edel AG im vergangenen Jahr aus der Taufe gehoben und mit einem ersten Programm gerade am Markt platziert hat. Karl von Wendt forderte, zwischen Print und Digital endlich Brücken zu schlagen, in gleich mehreren Sessions ging es um das Thema Disruption, Martina Steinröder machte die Teilnehmer in ihrer Session mit den akuten gesellschaftlichen Megatrends vertraut - und ließ die Camper kühne Szenarien für die Verlagswelt 2030 entwerfen.

Die meisten Teilnehmer diskutierten mit dem Piper-Team Kornelia Holzhausen und Susanne Schmitz über das "Projekt Marille" - seit August trackt der Verlag nach dem Vorbild von Random House UK die Daten von E-Book-Lesern, die ein iPad nutzen und die gegen ihre anonymisierten Nutzerdaten Freiexemplare erhalten - ein spannendes Thema, zumal Amazon, Google und Co. ihre Daten nicht mit den Verlagen teilen möchten, die sich aber vor allem für das Marketing mehr Einblicke wünschen und nach Vorbild der Filmindustrie gerne mit Testlesern die Chancen bestimmter Titel im Markt voraussagen wollen. Auch in diesem Jahr wurden die Sessions nicht nur von zahlreichen Tweets, sondern auch von gewissenhaften "Sessionpaten" begleitet - Protokolle der Workshops dürften in den nächsten beiden Wochen für jedermann zugänglich auf der Website des ebookCamps eintrudeln.

Impressionen vom 5. eBookCamp sehen Sie auf unserer Bildergalerie.