Alexandrea Messerschmidt über Veranstaltungs-Eintrittsgelder

Alles hat seinen Preis

22. Juni 2017
von Börsenblatt
Warum sollen Buchhändler mit kostenlosen Veranstaltungen die Kultur in ihrer Stadt fördern und das Risiko sowie die Arbeit selbst tragen? Sortimenterin Alexandra Messerschmidt über ein häufig anzutreffendes Phänomen.

Wir Buchhändlerinnen leisten eine Menge. Wir finden für jede Lebenslage das passende Buch, unser Bestellservice garantiert, dass ein um 18 Uhr bestelltes Buch am nächsten Morgen da ist, wir beraten, verpacken Bücher hübsch als Geschenk, unsere Läden sind gern genutzte Treffpunkte. Das alles verstehen wir unter Service, den der Kunde ganz umsonst bekommt. Und dann machen wir noch regelmäßig Veranstaltungen, die zum einen unser Image als kulturelle Institution festigen und zum anderen auch unseren Namen in der Stadt im Gespräch halten.

Das alles aber nur unter dem Budgetposten "Marketing und Werbung" zu verbuchen, greift zu kurz. Denn wir investieren in jede Veranstaltung eine Menge Gehirnschmalz, Arbeitsstunden, Honorare usw. Das kann nicht immer gratis sein. Denn eine schöne Veranstaltung kostet nun mal, und wenn ich in der Kalkulation immer nur auf Klein-Klein setze, kommt am Ende auch Klein-Klein heraus. Im vergangenen Jahr hat bei mir eine Autorin gelesen, völlig günstig, aber die Lesung war grausam: Sie hat die falschen Textpassagen herausgesucht, keinen Blickkontakt gesucht, nichts "rübergebracht". Hätte ich es nur nicht gemacht! Da ist die Gefahr groß, dass die Kunden, wenn sie zweimal nichts Tolles erlebt haben, beim dritten Mal erst gar nicht kommen.

Die Kunden sind sehr wohl bereit, Eintritt zu bezahlen, wenn die Veranstaltungen eine bestimmte Qualität haben, und sie kommen eher, wenn ich etwas Zugkräftiges anbiete, mit einem Schauspieler, mit Häppchen und einem Glas Wein, mit Überraschungen usw., da habe ich nur gute Erfahrungen gemacht. "Was nix kostet, ist nix", sagt ein alter Spruch, und die dahinterstehende Logik stimmt ja: Für umsonst kann ich kein tolles Programm zaubern. Jüngst haben wir zum fünften Mal eine Kulturnacht mit Kulturamt, Museum und Theater veranstaltet, das Eintrittsbändchen für sämtliche, wirklich tolle Veranstaltungen wurde für fünf Euro angeboten; ich hatte für acht Euro plädiert, konnte mich aber nicht durchsetzen.

Buchhändler, die bislang keinen Eintritt genommen haben, scheuen oft die Diskussion über Preise – aber ich ermutige die Kolleginnen, es einfach bei qualitativ hochwertigen Veranstaltungen zu tun. Das gilt auch, wenn "nur" wir Buchhändler die Akteure sind und ein passendes Angebot auf die Beine stellen. Wenn ich selbst Texte aus der Weltliteratur aussuche und in der Buchhandlung lese, nehme ich keinen Eintritt. Aber wenn mich ein Lehrerverband anfragt, nehme ich ein kleines Honorar, denn ich brauche Ideen, Vorbereitungszeit, Fahrtzeit, die Zeit beim Auftritt usw. Und als bei meinen Veranstaltungen im ersten Quartal dieses Jahres noch eine Lücke war, habe ich einen "Spinnstubenabend" initiiert, ich habe am Rad Wolle gesponnen, eine Kollegin hat Texte aus alten Zeiten gelesen, es gab Getränke, und wir haben fünf Euro genommen. Die Kundinnen haben Häkelarbeiten mitgebracht und hinterher gesagt: "Das müssen wir wiederholen!" Haben wir auch.

Der Kunde kommt, weil er sich für ein spannendes Angebot interessiert. Hildburghausen liegt nicht im Speckgürtel einer großen Stadt, junge Leute wandern ab, wir haben ein sehr gemischtes Publikum. Da kommt es darauf an, den Nerv der Leute zu treffen, mit bekannten Gesichtern zu locken, gute Ideen zu haben. Das kostet Zeit und Geld, und als kleine Buchhandlung können wir nicht alles subventionieren. Warum auch? Eine tolle Veranstaltung hat ihren Preis.