Es war ein kleiner Kreis von letztlich vier Sortimentern, die die Einladung von Bastei-Lübbe-Vorstand Klaus Kluge und Vertriebschefin Stefanie Folle angenommen hatten. Gleichwohl waren es wesentlich mehr, die auf die 120 Einladungen geantwortet haben, wie Kluge betonte, aber aus verschiedenen Gründen nicht zu dem Treffen kommen konnten.
Doch auch in intimer Gesprächsrunde wurden munter stichhaltige Argumente ausgetauscht. Die Buchhändler machten Kluge und Folle nochmals deutlich, warum sie so entzürnt über die „Illuminati“-Aktion gewesen waren. Rainer Francke vom Bücherwald in Solingen störte sich vor allem daran, „dass Amazon mit dem Kindle ein geschlossenes System betreibt. Wenn Sie mit Amazon zusammenarbeiten, gehen Sie eine Ehe ein“. Beim Tolino, wo es ähnliche Aktionen auch schon gegeben habe, hätten die Buchhändler hingegen die Chance, ebenfalls dabei zu sein. Kluge allerdings vertritt die Ansicht, dass sich Kunden nicht nur im Amazon-Kosmos bewegen, sondern auch im stationären Handel kaufen würden, hybride Kunden eben.
Elsbeth Weilberg-Busse von der Buchhandlung Köhl in Köln fühlte sich von Bastei Lübbe verlassen. „Sie sind ein großer Verlag, der für uns wichtig ist“, meinte die Sortimenterin. "Und mit der Aktion zeigen Sie doch den Kunden, dass es die Schmankerl bei Amazon gibt. Sie haben unseren Feind mit ins Boot genommen.“ In die gleiche Kerbe schlug Anne Simon, ebenfalls vom Bücherwald in Solingen: „Die Kunden bekommen den Eindruck, dass Amazon etwas kann, das wir nicht können.“
Für Jens Bartsch (Buchhandlung Goltstein, Köln) führt die Aktion ganz klar dazu, „dass ausschließlich dem Kindle Leser zugeführt werden. Aus verlagsstrategischer Sicht sei das einleuchtend, aus buchhändlerischer Sicht jedoch nicht.
Kluge betonte nochmals, dass durch die kostenlosen Downloads und die prominente Platzierung auf der Amazon-Startseite eine „extrem hohe Sichtbarkeit des Titels gegeben war“. Damit erhoffe man sich, Leser neugierig zu machen und zu Käufen zu animieren.
Im Buchhandel soll es nichts umsonst geben
Eine Debatte entspann sich auch um die Frage, ob es in einer Buchhandlung überhaupt kostenlose Bücher geben solle. Rainer Francke und seine Kollegin Anne Simon hoben hervor, „dass Produkte, die umsonst abgegeben werden, uns nicht weiterbringen“. Die Buchhändler handelten mit wertigen Produkten, bei denen die Preise ohnehin zu niedrig seien. „Ich finde es fatal, Dinge zu verschenken – und auch Dan Brown hat es nicht verdient, verschenkt zu werden“, meinte Francke.
Den Vorschlag von Stefanie Folle, E-Books für einen bestimmten Zeitraum zu reduzierten Preisen anzubieten – das können sich die Sortimenter gut vorstellen. Erfahrungsgemäß stießen solche Aktionen bei den Lesern auf positive Resonanz, weiß Folle. Viele Sortimenter hätten allerdings bislang von derartigen Angeboten nichts mitbekommen, an den Kommunikationsproblemen arbeite man.
Beim Thema Bücherpreise liefen sich die Sortimenter und Klaus Kluge richtig warm. Rainer Francke sagte, die Kaufkraft bei den Kunden sei da, sie gehe nur woanders hin. So würden die Kunden beispielsweise ohne mit der Wimper zu zucken Trauerkarten für vier Euro oder mehr pro Stück kaufen. „Dann muss es doch auch möglich sein, Bücher teurer zu verkaufen.“ Dass die Preise steigen müssen, meinte auch Jens Bartsch. „Wir haben steigende Mieten und steigende Personalkosten, das müssen wir kompensieren.“ Bei Kluge stieß er mit dieser Forderung auf offene Ohren – er überlegte derweil schon einmal mit einem Augenzwinkern, ob der neue Ken Follet im Jahr 2017 möglicherweise für 44 Euro angeboten werden könnte. „Die Preisgestaltung wird mir noch viele schlaflose Nächte bescheren“, schmunzelte der Bastei-Lübbe-Vorstand.
Mein Gott, wie martialisch, ich dachte immer, Amazon wäre ein Marktteilnehmer oder aus Sicht der Buchhändler ein Wettbewerber. Was ist denn dann die Media-Saturn-Holding für andere Elektrohändler? Das personifizierte Böse?
Es gibt fast in jedem Handelsbereich einen ziemlich großen Platzhirsch und auch dort platzieren Lieferanten attraktive Angebote, auf jeden Fall attraktivere als beim Elektro-Pimpelhuber an der Ecke. Das liegt natürlich auch am Umsatz, den so ein Platzhirsch macht. Man muss auch den Verlag verstehen: Amazon macht einen guten Prozentsatz des Umsatzes aus, auf jeden Fall deutlich spürbar sollte er wegbrechen. Und sehr sicher auch soviel, dass der stationäre Buchhandel den nicht kompensieren kann....auch wenn er die Sonderangebote wahrnehmen würde.
Ich selbst war lange Jahre als Einkäufer für eine große Kette tätig, ich kenne das Spiel und verstehe beide Seiten, aber der Verlag hat hier nichts falsch gemacht. Über die anstehende rechtliche Klärung lass ich mich hier nicht aus oder gibts schon Neues bezüglich Urteil/Anhörung/Unterlassungserklärung?
Den Vergleich ausgerechnet mit Trauerkarten finde ich darüber hinaus als extrem unglücklich. Trauerkarten kaufe zumindest ich nicht aus Spaß an der Freude, sondern aus einer, wie der Name schon sagt, traurigen Pflicht heraus. Bücher hingegen dienen, zumindest bei mir, größtenteils der Zerstreuung.
Man mag mich jetzt für kleinkariert halten, das ich das so anbringe, aber zumindest ich empfinde diese ganze Debatte um den angeblichen Verrat am stationären Buchhandel als manchmal auf gleichem Niveau geführt.