Bergmann Verlag

"Provinz ist gut für Kreativität "

17. Juli 2014
von Börsenblatt
Martina Bergmann, Buchhändlerin aus Borgholzhausen in Ostwestfalen, hat einen Verlag gegründet. Das Startprogramm umfasst drei Titel mit Heimatbezug, die parallel in Print und als E-Books erscheinen. Welche Rolle ihre Kunden, die Provinz und Facebook für die Verlagsgründung spielen, erklärt die überzeugte Borgholzhausenerin im Interview.

Eine Buchhandlung haben Sie schon, was gefällt Ihnen an der Idee, nun auch als Verlegerin aktiv zu sein?
Das ist mein Beruf. Ich bin gelernte Verlagsbuchhändlerin.

Einen Verlag muss man sich aber auch leisten können. Was kostet Sie der Start des Bergmann Verlags?
Zehn Prozent von dem, was ich für meine Buchhandlung ausgegeben habe.

Sie wirken in Borgholzhausen, einem sehr kleinen Ort in Ostwestfalen. Welche Bedeutung hat die Provinz für Ihre Arbeit?
Sie bekommt den Büchern und mir gut. In der Provinz ist es etwas langweilig, das ist kein Schaden für Kreativität. Der Vorteil von Provinz ist, dass man nicht jeden Hype sofort mitmachen muss.

Welche Rolle spielt Ihre Buchhandlung für die Verlagsgründung?
Die Hauptrolle. Abgesehen davon, dass ein eigener Verlag schon immer mein Traum war, war auch die miese Qualität vieler Taschenbücher ein Grund für die Verlagsgründung. Vielen Büchern merkt man an, dass sie  mit heißer Nadel gestrickt wurden. Das merken auch meine Kunden. Ich führe ein allgemeines Sortiment mit hohem TB-Anteil und meine Kunden haben sich zunehmend beschwert über lieblos zusammengestoppelte Taschenbücher.

Und Sie gründen für die Borgholzhausener jetzt einen Verlag mit besseren Büchern.
Das erste Programm richtet sich an die Kunden meiner Buchhandlung, was aber nicht heißt, dass die Bücher in Berlin langweilig sind. Ich mache Bücher für aufgeschlossene, fröhliche Leser. 

Im ersten Programm gibt es einen westfälischen Schauerroman, "Doppelkopf mit einem Fremden", von Hans Meyer zu Düttingdorf, die Biografie "Die Geschichte meiner Mutter − und damit die meine" von Ilse Strecker (August) und "Frauenauto und Bauernporsche" (September), ein Buch mit Erzählungen über fahrbare Untersätze. Ist es das, was die Borgholzhausener wollen?
Das denke ich doch. Alle drei sind ordentliche, redliche Bücher, die unterhalten und vergnügen und den Horizont erweitern. Und das zu einem vernünftigen Preis: die Papierbücher kosten alle 9,90 Euro, die E-Books 5,99 Euro. 

Wird der Heimatbezug zwingendes Programmmerkmal bleiben?
Damit schließe ich hier in der Region eine Lücke. Der Bergmann Verlag ist aber auch für andere Themen offen.

Mit welchen Partnern haben Sie Ihren Verlag auf die Beine gestellt?
Die Herstellung und den Vertrieb der E-Books übernimmt Grin Solutions, die Essener Agentur Erste Liga zeichnen für das Logo und die Buchumschläge verantwortlich und mein Nachbar Telecomfort testet mit mir nicht nur jedes technische Detail, sondern ist auch fürs Feedback zuständig. Was die Partnersuche angeht, ist Facebook übrigens enorm hilfreich. 

Einen Vertriebspartner für die P-Books gibt es nicht?
Nein, ich liefere erstmal selbst aus. Es wird auch keine klassische Vorschau geben. Aber die Verlagshomepage geht demnächst online, es wird einen Newsletter geben, ich werde digitale Leseexemplare verschicken. Und weil es Bücher gibt, die gar nicht groß werden müssen, um groß zu sein, wird es sicher auch Titel geben, die nur als E-Books erscheinen.