Buchmarkt 2025

Das Prinzip Buch

22. Juli 2011
von Börsenblatt
Wie sieht der Buchmarkt 2025 aus? 55 Thesen dazu wurden auf den Buchtagen Berlin diskutiert. Hier geht die Debatte weiter. Die Branche braucht ein größeres Selbstbewusstsein, sagt der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins Alexander Skipis.

Die 55 Thesen zum Buchmarkt 2025, die die drei Vertreter der Fachausschüsse des Börsenvereins auf den Buchtagen Berlin vorgestellt haben, sind der Aufruf zur Gestaltung unserer Zukunft, sowohl was die Entwicklung von Produkt- und Geschäftsmodellen angeht als auch im Hinblick auf die Struktur und Wertschöpfungskette der Branche. Sie sind ein Szenario, das eine Aus­einandersetzung herausfordert. Das macht die besondere Bedeutung dieser großartigen Initiative aus.

Zu den zentralen Aufgaben des Börsenvereins gehört es, politische Rahmenbedingungen zu schaffen. Unser Stellenwert gegenüber der Politik ist umso höher, je vollständiger der Börsenverein den Buchmarkt abbildet. Unsere Mitgliederstruktur ändert sich ebenso wie die Zusammensetzung des Buchmarkts und die politischen Konfliktlinien und Fragestellungen, die sich ergeben. Spricht der Verband in der Öffentlichkeit mit einer Stimme, so wird er das künftig immer mehr auch für neue Marktteilnehmer tun.

Bewusst spricht der Börsen­verein heute vom Prinzip Buch. Begrifflich trennen wir damit den Inhalt vom Trägermedium. Ich habe diesen Begriff eingeführt, um einen Erkenntnisprozess einzuleiten und die Diskussion anzuregen, was der Kern unseres Produkts ist. Denn das ist der Ausgangspunkt aller Weiterentwicklung und eines jeden Geschäftsmodells. Die Auseinandersetzung mit dem Begriff hat im Netz begonnen. Vor dem Hintergrund dieser Begriffsschärfung können alle Marktteilnehmer und der Verband sich auf ihre Kernkompetenzen rund um das Wirtschafts- und Kulturgut Buch fokussieren.

Als Verband wollen wir den Marktteilnehmern die Möglichkeit bieten, an den neuen Entwicklungen zu partizipieren und sie aktiv zu gestalten. Mit unseren Mitgliedern entwickeln wir dafür Angebote – im Bereich der Fortbildung, konkrete Beratungsleistungen, neue Formate oder eine Leistung wie libreka! Damit ist unsere Branche sehr gut vorbereitet.

Nicht leisten kann der Börsenverein die Übernahme der Geschäftsrisiken einzelner Mitglieder oder die Regelung des wettbewerbsrechtlichen Verhältnisses untereinander, also die Festsetzung von Konditionen. Aus gutem Grund ist uns das aus rechtlichen Gründen verwehrt.

Je ausdifferenzierter die Mitgliederbedürfnisse werden, desto schwieriger wird die Arbeit des Verbands und seiner Wirtschaftstöchter. Wir bieten Plattformen für die Artikulation und Bündelung von Interessen. Das ist unsere große Stärke. Die Bündelung dient auch der inneren Verfasstheit der Branche, um eine erfolgreiche Arbeit aller Sparten, Vielfalt und Qualität zu gewährleisten. Doch nicht immer wirkt dieses Interessenclearing konfliktbefreiend. Und es gelingt auch nicht immer. Auch das wird eine Herausforderung sein, der sich der Verband stellen muss.

Was ich uns wünsche, ist ein größeres Selbstbewusstsein, das sich auf unser Kulturgut Buch, unsere Kompetenz und unsere kulturelle Besonderheit gründet. Erstmals haben wir im Konflikt um das Google Book Settlement Selbstbewusstsein auch gegen­über globalen Akteuren gezeigt. Das hat sich gelohnt. Und dieses Selbstbewusstsein wünsche ich der deutschen und europäischen Buchbranche dauerhaft. Das braucht sie, um ihre Buchkultur in der digitalen Gesellschaft zu manifestieren.

Nächste Woche: Verlegerin Karin Schmidt-Friderichs kommentiert These 1 zum Bedeutungsverlust aller gedruckten Medien.