Buchmesse-Podium: Jugend debattiert

Ein Schnellkurs in Sachen Diskussionskultur

16. Oktober 2015
von Börsenblatt
Sollen Kinderbuch-Klassiker so aktualisiert werden, dass sie aus heutiger Sicht politisch korrekt sind? Darüber lässt sich trefflich streiten. Genau das haben vier Schüler am Messe-Donnerstag auf dem Börsenvereinspodium in Halle 3.1 getan. Preisträger aus dem Bundeswettbewerb "Jugend debattiert" näherten sich dem Thema argumentationsstark und formvollendet.

Wichtigstes Werkzeug der Debattierrunde, die unter dem Oberthema "Meinungsfreiheit" stand: Eine Stoppuhr. Denn dass jeder Diskussionsteilnehmer, jede Position gleichberechtigt zu Wort kommt, gehört zu den Spielregeln des Wettbewerbs, an dem jährlich rund 200.000 Schüler in Deutschland teilnehmen.

Für die Zuhörer war das, was sich auf dem Podium abspielte, ein kleiner Schnellkurs in Sachen Diskussionskultur und Meinungsfreiheit. Und das aus gutem Grund: "Eine Demokratie braucht Menschen, die ihre Meinung formulieren und sich mit anderen konstruktiv auseinandersetzen können", beschrieb Moderatorin Claudia Paul die Idee hinter dem Wettbewerb und hinter der Buchmesse-Veranstaltung des Börsenvereins.

"Wir müssen hier mal ganz klar unterscheiden", "Ich stimme Dir in dieser Sache zu, aber...", "Das ist ein sehr interessanter Punkt": Wie beim Pingpongspiel tauschte das wortgewandte Quartett (Mika Blanck, Nico Bosler, Lotte Jäger und Lena Volk) Argumente und Gegenargumente aus. "Wir brauchen die Wörter von heute, um die Geschichten in den Kinderbüchern von früher zu verstehen", meinte Lotte Jäger. Begriffe wie "Zigeuner" und "Neger" würden andere diskriminieren, seien Schimpfwörter, die erst gar nicht in die Köpfe der Kinder hineingetragen werden sollten, ergänzte Mika Blanck.

Nico Bosler und Lena Volk bezogen die Gegenposition: Meinungsfreiheit sei nicht verhandelbar - wo werde bei solchen Aktualisierungen die Grenze gezogen? Und: Eltern könnten doch mit ihren Kindern genau über solche heiklen Punkte beim Vorlesen auch sprechen statt ihnen eine perfekte, heile Welt vorzutäuschen.

Am Ende der halbstündigen Debatte stand zwar keine gemeinsame Position, dafür aber ein beeindrucktes "Wow" von Alexander Skipis, dem Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, der vom rhetorischen Geschick der Jugendlichen ebenso beeindruckt war wie von der inhaltlichen Tiefe der Diskussion.

Ums "Gewinnen" geht es den vier Diskutanten beim Schlagabtausch ohnehin nicht: "Der Weg ist das Ziel", meinten die Schüler unisono. "Nach der Debatte ist man immer schlauer als vorher", so Lotte Jäger. Oft genug habe man danach sogar eine ganz andere Meinung zum Diskussionsthema als vorher. Vor allem aber mache das Debattieren einfach: sehr viel Spaß.