Buchmesse-Talk über ausgezeichnete Kulturorte

"Kunden sprechen uns auf den Buchhandlungspreis an"

14. Oktober 2015
von Börsenblatt
Auf der Frankfurter Buchmesse wurde am Mittwoch über den in diesem Jahr erstmals vergebenen Deutschen Buchhandlungspreis gesprochen, der von der Kulturstaatsministerin Monika Grütters ausgelobt wurde. Die ausgezeichneten Buchhändler Dieter Dausien, Gertrud Selzer und Klaus Kowalke und die SoA-Geschäftsführerin Kyra Dreher stellten sich auf der Börsenvereinsbühne den Fragen von Börsenblatt-Redakteur Stefan Hauck.

Ein Preis für die Leistung, keine versteckte Subvention SoA-Geschäftsführerin Kyra Dreher, die auch in der Jury des Deutschen Buchhandlungspreises vertreten war, berichtete über die Vorgeschichte des Preises. Schon zu Beginn der Gespräche habe der Börsenverein signalisiert, dass das Ziel eines Preises keine verkappte Wirtschaftsförderung sein solle. "Wir wollten keinen Subventionierungspreis, denn wir sind eine Branche mit gesundem Selbstbewusstsein, sondern eine Förderung für die kulturelle Leistung, die im Buchhandel erbracht wird."

Dreher berichtete über ihre Erfahrungen als Jurorin, über ordnerlange Bewerbungen, über leinengebundene Schreiben und zahlreiche Anfragen gemäß dem Motto: "Wenn Sie noch mehr über unsere Veranstaltungen der letzten drei Jahre wissen möchte, dann müsste ich erst einmal ins Stadtarchiv, lasse Sie mich wissen, ob das nötig ist ..."

25 Fragen und ein Rückblick auf die letzten drei Jahre… das hatten teilnehmende Buchhandlungen zu leisten. Über 600 Buchhandlungen scheuten den Aufwand nicht. Dieter Dausien (Buchladen am Freiheitsplatz, Hanau) und Klaus Kowalke (Lessing & Kompanie, Chemnitz) berichteten, dass ein Sonntagnachmittag, bzw. ein Abend im Skiurlaub für die Bewerbung ausgereicht hätten. "Man fragt sich ja oft, wofür man auf der Website die Rubrik 'Rückblick' anlegt und penibel pflegt, ob sich das irgendjemand denn wirklich noch einmal anschaut. Für die Bewerbung hat diese Mühe absolut Sinn gemacht." Allein Gertrud Selzer (Buchhandlung Rote Zora, Merzig) berichtete – stellvertretend sicher für viele andere Kollegen, die nicht auf dem Podium saßen −, dass die Sichtung und Auflistung der Veranstaltungen der letzten drei Jahre und die Reflexion: "Warum haben wir das gemacht? Wieso haben wir es so gemacht?" eine Heidenarbeit gewesen sei. Eine Kollegin hatte eine Woche ihres Jahresurlaubs in die Bewerbung der Buchhandlung investiert – aber auch diese Mühe habe sich bezahlt gemacht.

Deutscher Buchhandlungspreis: Die ResonanzUnisono berichteten die drei Buchhändler von einer überwältigenden Resonanz: Dieter Dausien konnte sich als einziger ausgezeichneter hessischer Buchhändler seiner Kategorie über das Interesse des Hessischen Rundfunks und der Regionalen Zeitungen gewiss sein. "Seitdem gratulieren mir die Menschen auf der Straße", so Dausien. Eine Erfahrung, die auch Merzig teilte. Nicht nur der Bürgermeister (wie auch in Hanau und Chemnitz geschehen), sogar aus den saarländischen Parteien und dem Ministerium erreichten sie Glückwunsche, erzählt Gertrud Selzer, dazu gab es ein reges Presseecho: "Dass das Radio und das Fernsehen auf das platte Land kommen, ist natürlich auch dem Preis geschuldet." Auch Klaus Kowalke berichtete von positiven Erfahrungen: "Unser Standing, sowohl bei den Kunden wie auch den Veranstaltungspartnern ist sicher noch einmal gewachsen."

Das Geld fließt in die Kulturarbeit − ausgezeichnet werden auch die KundenFür Kowalke und seine Frau ist klar, dass die Preissumme in die Kulturarbeit fließen soll. "Vielleicht werden wir nicht mehr Veranstaltungen anbieten, aber auch Mal teuerere Autoren einladen." Auch eine große Aktion, wie vor zwei Jahren, als die Kunden von Lessing & Kompanie professionell mit ihrem Lieblingsbuch fotografiert wurden (Kosten: 3.500 Euro, die aber durch ein Umsatzplus mehr als wieder herausgeholt werden konnten), sei angedacht. Dieter Dausien kündigte an: "Wir werden mehr Veranstaltungen anbieten und es ist schön, dabei nicht kostendeckend denken zu müssen."

Eine weitere Gemeinsamkeit kristallierte sich heraus: Für alle drei Buchhandlungen war der Preis eine schöne Gelegenheit, den Dialog mit den Kunden zu suchen – in Merzig wurde mit den Kunden am ersten verkaufsoffenen Sonntag gefeiert, ein dekoriertes Schaufenster zum Deutschen Buchhandlungspreis schmückt das Ladengesicht der Roten Zora, in Chemnitz bedankten sich die Kowalkes herzlich über ihre Social-Media-Kanäle, feierten einen ganzen Tag – "und wir werden noch immer täglich zwei- bis dreimal auf die Auszeichnung angesprochen", so Kowalke. Auch in Hanau wurde gefeiert. "Unsere Ziel ist es, dass sich die Kunden mit unserer Buchhandlung identifizieren", so auch Dieter Dausien – viele Kunden, schlossen die Buchhändler, freuten sich, dass "ihre" Buchhandlung ausgezeichnet wurde.