Buchtage Berlin: Fachgruppenversammlung Verlage

Schlechte Zeiten für Wissenschaftsverlage

13. Juni 2017
von Börsenblatt
VG Wort, Bildungs- und Wissenschaftsschranke, Nichtbevollmächtigung des Börsenvereins beim Verhandeln und Aufstellen von gemeinsamen Vergütungsregeln – beim Treffen der Verleger auf den Buchtagen in Berlin standen einmal mehr die Rechtsthemen im Fokus.

Ende Juni gehen die Rückforderungsrechnungen der VG WORT bei den Verlagen ein, die ihre Autoren um Verzichtserklärungen gebeten haben; Zahlungsziel: 30 Tage. 26.000 Autoren haben Verzichtserklärungen unterzeichnet; die Gesamtsumme der Rückforderungen wurde damit um rund 10 Millionen Euro reduziert. Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang stellte in Berlin unter anderem den neuen Verteilungsplan der VG Wort vor, der am 20. Mai verabschiedet wurde. Danach ändert sich für die Publikumsverlage und im Schulbuch nichts. Bei Kopien aus wissenschaftlichen- und Fachzeitschriften, bei übersetzten Fachbüchern und bei journalistischen Angeboten ohne Bezahlschranke im Internet werden die Einnahmen der VG Wort künftig im Verhältnis 30 zu 70 zugunsten der Autoren verteilt. Fachbücher, die nicht übersetzt wurden, behalten den bisherigen Schlüssel von 50 zu 50.

Christian Sprang erinnerte in Berlin daran, dass die deutsche Politik mit der Ende 2016 verabschiedeten Übergangsregelung immerhin ein wichtiges Signal gegeben habe, dass „gemeinsame Verwertungsgesellschaften von Urhebern und Verlegern erwünscht sind und unterstützt werden“, so Sprang. Ein Anspruch auf Verlegerbeteiligung könne wegen des Reprobel-Urteils nach Meinung der deutschen Gesetzgeber aber nicht umgesetzt werden. Von den Vergütungsregeln profitieren könnten die Verlage erst, wenn der europäische und der nationale Gesetzgeber die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs zur Unzulässigkeit einer pauschalen Verlegerbeteiligung an den Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften korrigiert haben.

Details zum neuen Verteilungsplan und eine Einschätzung von Christian Sprang Sie hier!

Bildungs- und Wissenschaftsschranke
Das "Gesetz zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft" (UrhWissG), das dazu führen werde, dass es für Wissenschaftsverlage keinen Anreiz mehr geben werde, für den Schulbuch- und den universitären Markt zu publizieren, steht nicht nur beim Börsenverein in der Kritik. Trotz zahlreicher Aufklärungskampagnen, wie zum Beispiel Publikationsfreiheit.de, "rauscht der Zug unaufhaltsam durch die politische Landschaft", so Sprang. Schon für den 29. Juni sei die Verabschiedung des Gesetzes vorgesehen.

Nichtbevollmächtigung des Börsenvereins bei gemeinsamen Vergütungsregelungen

Soll der Börsenverein gemeinsame Vergütungsregeln mit Autorenverbänden verhandeln? Paragraf 36 des seit März gültigen neuen Urheberrechtsgesetzes führte dazu, dass sich die Mitgliedsverlage neu mit dieser Frage befassen mussten. Die Abstimmung fiel einstimmig aus und so gilt folgender Vorstandsbeschluss: "Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels ist nicht ermächtigt, zur Bestimmung der Angemessenheit von Vergütungen nach Paragraf 32 UrhG gemeinsame Vergütungsregeln mit Urhebern aufzustellen."

Weitere Themen der Sitzung: 
Matthias Ulmer
(Ulmer Verlag) stellte die Umstellung von Arbeitsgruppen auf Interessengruppen im Verband vor und die Zusammenlegung der Geschäftsstelle des ehemaligen Verleger-Ausschusses mit dem Sortimenter-Ausschuss. Sein Fazit: gelungen!

Das Thema von Nadja Kneissler (Delius Klasing) war der Branchennachwuchs: Das Patenschaftsprogramm heißt jetzt Mentoringprogramm und ist außerdem intensiviert worden. Beim Mitgliederfest heute Abend gibt es die ersten Treffen zwischen Mentoren und Mentees, die sich aus dem Nachwuchsparlament des Börsenvereins rekrutieren.

Über Rationalisierung sprach Frank Sambeth (Random House): Die IG Pro im Börsenverein (Prozesse, Rationalisierung, Organisation) habe große und kleine Themen auf dem Programm, so Sambeth, die Dauerbrenner seien Bestelloptimierung und Remissionen. "Leider wird vieles, was wir erarbeiten, in der Branche nicht so umgesetzt, wie wir es uns wünschen", bedauerte er. 

Armin Gmeiner (Gmeiner Verlag) widmete sich dem Datenbank-Duo VLB und VLB-TIX: Gmeiner hob die erreichte Datenqualität des VLB hervor, VLB-TIX sei aber das größere Thema im Moment. Bis die gedruckte Vorschau abgeschafft werde, werde es noch sehr lange dauern, so Gmeiners Prognose.

Peter Kraus vom Cleff (Rowohlt) erläuterte das EU-Reformpaket Digital Signal Market (DSM), bei dem es u.a. um diverse Schrankenregelungen geht, zum Beispiel bei der Schullektüre zum veranschauenden Unterricht, Bundles uvm.

Joachim Kaufmann (Carlsen) vertritt die deutschen Verlage in der internationalen Verlegervereinigung IPA, die sich vorrangig mit den Themen Copyright und Freedom to Publish beschäftigt. Beim Copyright gehe es häufig um Ausnahmeregelungen für weniger leistungstarke Länder, so Kaufmann. Nach den Querelen um die Aufnahme von China in die Vereinigung sei dieses Jahr ein "Jahr der Normalität für die IPA", sagte er, die internen Diskussionen seien deutlich abgeflaut. Eine gute Nachricht zum Schluss: Der Prix Voltaire der IPA wird für die nächsten drei Jahre nicht nur vom Börsenverein, sondern auch von den drei großen Verlagsgruppen Random House, Holtzbrinck und Bonnier unterstützt.