Die Sonntagsfrage

Ist der unabhängige Buchhandel tatsächlich zurück, Herr Nitsche?

29. Januar 2016
von Börsenblatt
In seiner Frühjahrsvorschau stellt der Berliner Transit Verlag fest: 2015 hat so etwas wie ein Comeback stattgefunden, ein Comeback des unabhängigen Buchhandels. Tatsächlich? Wir haben Transit-Verleger Rainer Nitsche um Beweise gebeten.

Ja, es gibt viele Indizien dafür, dass in der jüngsten Zeit - entgegen allen katastrophischen Szenarien und den so gern mitgesungenen Untergangsmelodien – tatsächlich ein Comeback des Unabhängigen Buchhandels stattgefunden hat und noch stattfindet.

Das kann man ablesen an den geradezu schalmeienhaften Lobgesängen in den überregionalen Medien auf buchhändlerische Standfestigkeit und an dem plötzlich aufflammenden Respekt vor der kulturellen Bedeutung des Buchhandels seitens der Politik. Ganz bestimmt ist es auch auf den erstmals vergebenen Buchhandlungspreis zurückzuführen und nicht zuletzt auf die großartige Stimmung bei der Preisverleihungg in Frankfurt – das war etwas von einem »Wir sind wieder da!« zu spüren, von einer fröhlichen Bereitschaft, über Veränderungen, Ideen und Aufbrüche zu neuen Ufern zu sprechen. In etlichen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen, die leider nicht ausgezeichnet wurden, haben wir gerade unter diesem positiven Eindruck alle ermuntert, sich bei der zweiten Auflage in diesem Jahr erneut zu bewerben.

Offenbar gibt es auch einen Stimmungsumschwung besonders unter jungen Leuten, die z.B. Amazon gar nicht mehr cool finden und lieber ihren »shop« um die Ecke aufsuchen. Nicht zu unterschätzen ist dabei die kreative und sehr aktive Buy local – Kampagne, die ja von unabhängigen Buchhändlern ins Leben gerufen wurde. Das alles greift ineinander und gewinnt so erst eine besondere Resonanz und Dynamik.

Atmosphärisch merken wir es aber vor allem bei Besuchen in Buchhandlungen, auf den Messen oder auf Branchentreffen, dass die »kleinen« Buchhändlerinnen und Buchhändler mit einem gewachsenen Selbstbewusstsein auftreten: die Unabhängigen, egal aus welchem Ort, egal aus welcher Region, egal wieviel Ladenfläche, sind wieder wer! Und dass uns das als unabhängigen Verlagen gefallen muss, ist ja kein Geheimnis. Unsere Programme sind ausgelegt auf das Besondere, das Schräge, auf das Unbequeme und auf das (noch) Fremde, sie brauchen zum Überleben Offenheit, Neugierde, Begeisterungsfähigkeit und so etwas wie selbstbewusste Frechheit –und all das finden wir erfreulicherweise im persönlich und unabhängig geführten Buchhandel.

Vielleicht machen sich das manche Buchhändlerinnen und Buchhändler gar nicht so klar, wie intensiv wir in den Verlagen gerade jetzt, wo unsere Vertreter auf Reise sind, die Bestellungen registrieren (und manchmal auch leiden), wie wir uns über angeforderte Leseexemplare, über Sonderaktionen oder auch über backlist-Bestellungen freuen. Der unabhängige Buchhandel ist unser natürlicher Verbündeter – und wir als kleinere Verlage, im Verein mit der Kurt Wolff Stiftung, die den Buchhandlungspreis ja entscheidend nach vorn gebracht hat, sind optimistisch, dass das mehr als bisher auch als Chance wahrgenommen wird. Gemeinsam sind wir mehr...