Die Sonntagsfrage

Eine Buchhandlung weit draußen im Allgäu: Lohnt sich das?

3. Februar 2013
von Börsenblatt
Petra Velle (links im Bild) gehört seit Anfang Januar die Bücherstube in Nesselwang – sie tritt in die Fußstapfen von Gisela Kosch (rechts). Soweit, so alltäglich. Allerdings misst die Buchhandlung 100 Quadratmeter, obwohl das malerisch gelegene Örtchen gerade einmal 3.500 Einwohner hat. Kann das gut gehen?

Ich sehe keinen Grund, an meiner Entscheidung zu zweifeln. Und ich habe mich sicher auch nicht verrechnet. Natürlich scheint die Fläche auf der ersten Blick etwas groß bemessen, den Einwand kann ich schon verstehen. Aber ich kann versichern, dass die Wirklichkeit anders aussieht. Denn wie bei vielen Dingen gilt auch hier: Wer als Unternehmer immer nur auf die Zahlen schaut, verfängt sich.


Die Bücherstube ist eine dörfliche Buchhandlung, ohne provinziell zu sein. Wir laufen weder in Lederhosen oder Dirndl rum, noch leben wir hinterm Mond: Sondern wir versuchen, den Erwartungen und Wünschen unserer Kunden gerecht zu werden. Das funktioniert seit 1998 – und zwar recht gut, wie mir mein Steuerberater und mein Ansprechpartner bei der Bank bestätigt haben.

Woran es liegt, dass sich die Bücherstube rechnet, trotz Amazon, E-Book & Co.? Ganz einfach: Die Basis allen Wirtschaftens muss der Mensch sein, der zu uns kommt – nicht die Zahlen aus einem Warenwirtschaftssystem (worauf wir aber selbstverständlich auch achten). So hat es Frau Kosch fast 15 Jahre lang gehalten: Die Bücherstube ist sehr gut eingeführt, die Leute aus dem Ort und der Umgebung lieben sie, begegnen uns mit Wohlwollen, die Kundenfrequenz ist stabil. Sogar die vielen Touristen, die nach Nesselwang kommen, lesen sich bei uns regelmäßig fest und loben die persönliche, gemütliche, familiäre Atmosphäre. Ich habe das jetzt – während meiner Teilzeittätigkeit – über zwei Jahre miterlebt.

Buy local? Dazu kann ich nur sagen: Für die Nesselwanger versteht sich das von selbst. Buchhandel ist hier eine beziehungsreiche Sache. Nur mal ein Beispiel dafür: Unseren Literaturkreis gibt es jetzt schon seit zehn Jahren und er hat zusehends mehr Zulauf. Einmal im Monat treffen sich zehn bis 15 Kunden hier im Laden, reden über Bücher und die Welt.

Klar, ist die Übernahme erst einmal ein Wagnis, aber für Langeweile habe ich ja später noch genug Zeit. Jetzt darf es gern noch ein bisschen abenteuerlich zugehen. Obendrein: Ich will gar keine Reichtümer aufhäufen. Der nette Kontakt zu den Leuten hier, die Umgebung, die entzückende Buchhandlung, der Zusammenhalt vor Ort, ein gutes Auskommen – das ist mir Reichtum genug.