Die Werkstatt bringt Schnellschuss

"Der Fall Özil"

24. Juli 2018
von Börsenblatt
Der Rücktritt von Mesut Özil aus der Fußball-Nationalmannschaft und seine Rassismus-Vorwürfe schlagen Wellen: Das brandaktuelle Buch "Der Fall Özil", das am 1. August im Verlag Die Werkstatt erscheint, werden die Ereignisse unter die Lupe genommen.

Der Untertitel des Buchs von Dietrich Schulze-Marmeling lautet: "Über ein Foto, Rassismus und das deutsche WM-Aus". Darin kritisiert er die Fußballer Mesut Özil und Ilkay Gündogan, weil sie sich für ein Propagandafoto mit dem türkischen Präsidenten Erdogan zur Verfügung gestellt hätten, so die Mitteilung des Göttinger Verlags. Dass dieses Foto allerdings eine Welle rassistischer Attacken insbesondere auf Özil zur Folge hatte, nimmt Schulze-Marmeling zum Anlass für eine Analyse. Im Buch will er zeigen, in welch schwierigem Umfeld sich in Deutschland lebende Fußballer mit türkischem Hintergrund bewegen.

Schulze-Marmelings These: Özil stehe ungewollt im Mittelpunkt einer Debatte, die den Mangel an wirklicher Akzeptanz der türkischen Einwanderer in die bundesdeutsche Gesellschaft auf erschreckende Weise deutlich mache. Schulze-Marmeling kritisiert türkische Nationalisten, die im Doppelpass mit deutschen Nationalisten und Rechtsextremen aktiv gegen alle integrativen Bemühungen vorgängen. Zugleich versucht er an vielen Beispielen deutlich zu machen, wie auch in der Mitte der Gesellschaft ein Rassismus grassiere, nach dem der "Türke" Özil doch gar nicht in "unsere" Nationalelf gehöre. Der Autor kritisiert die DFB-Führung, für die die rassistische Hetze gegen Özil kein Thema gewesen sei, die den Spieler diesbezüglich im Stich gelassen habe und die – in Person des Präsidenten Reinhard Grindel – auch noch Öl ins Feuer geschüttet habe. Die Sieger der "Erdogan-Affäre" seien deutsche und türkische Nationalisten.

Untrennbar verquickt mit der Affäre um das Erdogan-Foto sei mittlerweile die Diskussion darüber, ob Özil schuld sei am historisch frühen Ausscheiden der Nationalmannschaft bei der WM. Schulze-Marmelings Analyse mündet in die These, dass Löws Truppe nicht wegen, sondern trotz Özil in Russland gescheitert sei.

Update, 25. Juli, zum Hintergrund:
Die Idee, einen Debatten-Band vorzulegen, entstand gleich nach der Publikation der Erdogan-Fotos im Mai, erläutert Christoph Schottes, Leitung Lektorat bei Die Werkstatt, gegenüber boersenblatt.net. Man sei schon damals davon ausgegangen, dass die Diskussion "über das dumme Foto hinausgehen wird und länger anhält". Die Initiative zum Buch kam von Dietrich Schulze-Marmeling selbst, "unserem 'Hausautor'", so Schottes. Der Autor habe in den letzten Wochen Tag und Nacht geschrieben – "als am Sonntag und Montag die Erklärung Özils und die Erwiderung des DFB einzuarbeiten waren, musste die Argumentation des Buches an keiner Stelle korrigiert werden", fügt Schottes an. Die Startauflage werde 4.000 Stück betragen.

Bibliografie

Dietrich Schulze-Marmeling: "Der Fall Özil. Über ein Foto, Rassismus und das deutsche WM-Aus". Mit Beiträgen von Diethelm Blecking, Robert Claus, Ilker Gündogan. Verlag Die Werkstatt, 192 S., 14,90 Euro