E-Book-Bestsellerlisten

"Self-Publishing-Autoren haben gleiche Chancen"

23. Juli 2015
von Börsenblatt
99-Cent-Titel findet man nicht in den E-Book-Bestsellerlisten, die der Marktforscher Media Control seit Anfang des Jahres erstellt. Wie ist die Datengrundlage, und welche Filter werden bei der Erstellung der Listen verwendet? Börsenblatt.net hat bei Uwe Herrmann, Leiter Digital Business Solution bei Media Control, nachgefragt.

Woher stammen die Daten, die den E-Book-Bestsellerlisten Belletristik und Sachbuch zugrunde liegen?
Wir erhalten die E-Book-Verkaufszahlen von den relevanten Online-Händlern, Verlagen und Aggregatoren.

Sind Amazon und Apple dabei?
Die Datenquellen werden aus Rücksicht auf die teilnehmenden Händler derzeit nicht namentlich genannt. So können wir sicherstellen, dass keine Rückschlüsse auf die Verkaufszahlen einzelner Händler möglich sind. Dadurch, dass wir neben den Händlerzahlen auch die Verkaufsmeldungen von Verlagen und Aggregatoren auswerten, haben wir in unserem Panel wie gesagt alle relevanten Händler berücksichtigt.

Wie stellen Sie sicher, dass Verlage keine Phantasiezahlen melden?

Wir verfügen über ein zuverlässiges System zur "Media-Fraud-Detection" für alle unsere Auswertungen, um Manipulationen vorzubeugen. Überdurchschnittliche Abweichungen oder Ausschläge in den an uns gelieferten Verkaufszahlen werden damit erkannt und werden dann von uns zusätzlichen Prüfungen unterzogen.

Wie viel Prozent des E-Book-Markts in Deutschland erfassen Sie mit diesem Panel – und worauf beruht diese Schätzung?
Auf Basis der im Markt verfügbaren Daten zum Marktvolumen und -anteilen liegen wir bei den E-Books derzeit bei einer Abdeckung von knapp 50%.

Weshalb werden billige E-Books nicht berücksichtigt? Muss man da bei E-Books nicht andere Maßstäbe anlegen wie bei Print?
Alle Charts der Media Control folgen festen Regularien. Diese Regularien unterliegen auch Anpassungen, die aber immer im Konsens mit der Buchbranche definiert werden. In den Top-20-Charts finden Sie durchaus auch E-Books, die zu einem Preis von unter fünf Euro gekauft werden können. Wir berücksichtigen insgesamt eine Vielzahl von Faktoren, um das Marktgeschehen repräsentativ abzubilden, die natürlich auch auf E-Books im unteren Preissegment wirken. Es gibt hier auch die Idee, eine zusätzliche Liste für niedrigpreisige E-Books einführen, um die Diskussionen zu entspannen.

Es werden nur Titel aufgenommen, die nicht nur über einen einzigen Anbieter verkauft werden. Alle Kindle-Only-Titel fallen somit raus. Warum?
Diese Titel werden von uns auch registriert, sie werden aber in den Charts nicht berücksichtigt. Damit ein Titeln in den Charts publiziert wird, muss er von mindestens zwei unterschiedlichen Händlern geliefert werden.

Self-Publishing-Autoren fragen sich, ob ihre Titel überhaupt eine Chance haben, in das Ranking zu kommen. Greift auch hier ein Filter, nach dem Motto: Nur Verlage, bitte!

Wir berücksichtigen alle Verkäufe und verarbeiten sie nach definierten Chart-Regeln. Hierbei hat natürlich auch ein Self-Publishing-Autor die gleiche Chance. Einen Filter "nur Verlage" gibt es nicht.

Im Gegensatz zu den Print-Bestsellerlisten veröffentlicht Media Control die E-Book-Rankings nur mit einer langen Verzögerung. Die Liste vom Februar erscheint erst im April. Warum diese lange Bearbeitungszeit?
Wir bewegen uns bei den E-Books zwar im Internet, aber leider stecken die Abrechnungsprozesse bei den E-Books insgesamt noch in den Anfängen. Wir arbeiten hier intensiv daran, die Zeitspanne zwischen Erhebungszeitraum und Veröffentlichung der Charts kontinuierlich zu optimieren. Aber uns die Qualität unserer Ergebnisse hier sehr wichtig und wir nehmen diese Verzögerung im Moment noch in Kauf, um valide Charts zu erstellen.

Sind weitere E-Book-Listen im Planung? Hier könnte man sich ja das gleich Set wie bei den Printbücher vorstellen, also eine Diversifizierung nach Warengruppen wie Kinderbücher oder Ratgeber.
Natürlich haben wir auch neue Ideen in Planung um allen Marktteilnehmern einen immer besseren Überblick im E-Book-Markt zu verschaffen. Lassen Sie sich überraschen.

Die E-Book-Charts finden Sie monatlich auf boersenblatt.net. Hier geht´s zu den aktuellen Listen.