Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2015

17.000 Inseln der Imagination

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Finnland ist cool – Indonesien wird heiß: Derzeit glüht der Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2015 schon mal vor.

"Java und Bali kennen Sie wahrscheinlich“, sagt Wiendu Nuryanti, stellvertretende Kulturministerin der Republik Indonesien. „Aber wir haben noch 16.998 andere Inseln.“ Dazu kommen hunderte von ethnischen Gruppen – und ebenso viele Sprachen. Mit dem Ehrengast Indonesien präsentiert sich auf der Frankfurter Buchmesse 2015 schlicht nach der Bevölkerung das viertgrößte Land der Welt – mit kultureller Vielfalt und einer langen Literatur- und Erzähltradition.

Für Buchmesse-Direktor Juergen Boos ist Indonesien schlicht „unfassbar“ – nicht zuletzt wegen seiner unerhört dynamischen Entwicklung. Das Land, das erst 1945 seine Unabhängigkeit erlangte, ist von indischer, chinesischer, arabischer und westlicher Kultur geprägt; im letzten Jahrhundert erlebte es einen radikalen politischen Wandel: Von der Kolonie zur Unabhängigkeit, vom autoritären Regime zur Demokratie mit der größten muslimischen Bevölkerung weltweit.

Bis heute wurden nur ein paar Dutzend Werke der indonesischen Literatur in voller Länge ins Deutsche übersetzt und veröffentlicht. Dazu zählen Bücher von Pramoedya Ananta Toer (1925-2006), der mehrfach für den Literaturnobelpreis nominiert wurde, Mochtar Lubis (1922-2004) oder Rendra (1935-2009) – aber auch aktuelle indonesische Romane wie „Saman“ von Ayu Utami (Horlemann, 2007) oder „Die Regenbogentruppe“ von Andrea Hirata (Hanser, 2013).

Das soll sich bald ändern: Im Rahmen des Gastlandauftritts wurde ein umfangreiches Förderprogramm des indonesischen Kulturministeriums aufgelegt, mit dem weitere Übersetzungen ermöglicht werden sollen. „Deutschland soll für uns eine Brücke werden zu anderen europäischen Ländern und zu den westlichen Märkten, auf denen wir bislang kaum vertreten sind“, erläuterte Husni Syawie, Generalsekretär des Indonesischen Verlegerverbandes IKAPI. Ein Problem dabei sei die relativ geringe Anzahl von Übersetzern aus dem Indonesischen. „Das ist ein Nadelöhr.“  Das Land mit seinen 250 Millionen Einwohnern hat über 1400 Verlage , die pro Jahr zwischen 25.000 und 30.000 Titel veröffentlichen, rund 30 Prozent davon Belletristik.

Der Gastlandauftritt wird von einem umfassenden Rahmenprogramm begleitet werden, das die Vielfalt der indonesischen Kultur widerspiegeln soll. Rund 40 Autorinnen und Autoren werden ihre Bücher auf Literaturfestivals, Lesungen und Diskussions-Veranstaltungen präsentieren. Frankfurter Museen zeigen Ausstellungen, etwa zum Thema Architektur/Fotografie in Indonesien; auch eine Filmwoche mit Independent-Streifen sowie Aufführungen von Komponisten und Choreografen aus Indonesien sind geplant.

Bereits auf der laufenden Buchmesse geben rund 30 Veranstaltungen erste Einblicke in Literatur und Kulturszene des kommenden Gastlands: Das Spektrum reicht von Performances und Kinderliteratur bis zu Auftritten indonesischer Spitzenköche in der Gourmet Gallery.