Emmerich-Filmpremiere

Shakespeare selbst als Comic Relief

14. Oktober 2011
von Börsenblatt
Heute hat der erfolgreiche Hollywood-Regisseur Roland Emmerich seinen neuen Film "Anonymus" – über Leben und Werk Shakespeares – auf der Frankfurter Buchmesse präsentiert. Im Anschluss an die Filmpräsentation gab es eine Podiumsdiskussion zum Thema "Autorenfrage Shakespeare".

Neben dem Regisseur des Films saßen auf dem Podium Tobias Döring (Professor und Präsident der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft), Kurt Kreiler (Autor) und Frank Günther (Übersetzer). Es moderierte der Publizist Hellmuth Karasek. Worum es in diesem neuen – höchstwahrscheinlich blockbusterverdächtigen – Film geht, erklärte Karasek zum Auftakt. Die Story dreht sich um die Shakespeare-Autorenfrage: Hat der Mann aus Stratford-Upon-Avon all seine Werke selbst geschrieben? Angesiedelt im elisabethanischen England strotzt der Film dabei vor Intrigen, verbotenen Romanzen am Hof und politischen Machenschaften. Da wundert es nicht, dass Emmerich selbst sein Werk als Thriller bezeichnet. Nur der arme "Shakespeare" kommt offensichtlich nicht so gut weg und wird im Movie als Dorfdepp persifliert. Offizieller Filmstart in Deutschland ist am 10. November. 

Das erste Feedback aus der Runde zum Film war gut: Döring sagt, dass es ihm eigentlich egal sei, ob der Film nun historisch korrekt ist oder nicht. "Man muss in einem Film nicht immer nach der Wahrheit fragen – bei Godzilla tut das ja auch keiner." Natürlich, so Döring weiter, strotze der Film vor historischen Freiheiten, aber "das ist ok, denn das macht Literatur und Fiktion ja aus." Kreiler, selbst Autor eines Buches, das die Autorenfrage intensiv beleuchtet und zu dem Schluss kommt, dass der kleine Mann aus Stratford nicht der echte Shakespeare gewesen sein kann, ist natürlich ganz anderer Meinung und klagt die wissenschaftlich inkorrekte Darstellung an. 

Dass die Autorenfrage bei Shakespeare eine spannende ist, steht außer Frage: Nicht nur die Herrenrunde, jeder hat sich wahrscheinlich schon einmal damit beschäftigt und über Lords oder Sirs als eigentliche, echte Urheber spekuliert. So auch Emmerich, den eben genau jener Stoff vor zehn Jahren dermaßen in den Bann zog, dass er sich entschloss, diesen Film zu machen.

Bei viel wissenschaftlicher Kompetenz auf dem Podium wundert es nicht, dass in der Diskussion schnell Details rund um "Stratfordians" versus "Oxfordians" versus "Genie-Theorien" in den Fokus rückten. Es war klar, dass das Rätsel am heutigen Tage nicht gelöst werden konnte, beißen sich doch schon seit über 100 Jahren Forscher die Zähne daran aus. Eine spannende Diskussion war es allemal und ob nun "Synonu mus" oder "Anonymus" publiziert wurde, ist im Endeffekt egal. Damals war es wohl Gang und Gebe, seinen Autorennamen nicht zu veröffentlichen, leider oft aus Angst vor (identifizierbarer) freier Meinungsäußerung. Da haben sich die Zeiten zum Glück geändert. Aber vielleicht bieten die uralten anonymen Stücke noch weiteres Filmmaterial - 3.000 Stück sind es etwa. 

rms