EU-Verordnung zum Geoblocking: EIBF startet Petition für E-Book-Ausnahme

Gefahrenzone für kleinere und mittlere Buchhändler

20. Juni 2017
von Börsenblatt
Aus Brüssel droht neuer Ärger: Eine EU-Verordnung soll das Geoblocking untersagen. Eine Ausnahme fürs E-Book war eigentlich vorgesehen - doch jetzt muss der Buchhandel um diese Sonderregelung kämpfen. Der europäische Buchhändlerverband EIBF hat deshalb eine Petition gestartet.

Mit der geplanten Regelung zum Geoblocking will die EU verhindern, dass Händler Kunden aus anderen Ländern der EU von ihren Angeboten ausschließen – etwa durch unterschiedliche Preise, Verkaufs- oder Zahlungsbedingungen. Das Ziel der Verordnung, die unter dem Oberthema Digitaler Binnenmarkt steht: EU-Bürger sollen durch eine Öffnung der digitalen Märkte stärker vom Online-Handel profitieren können.

Ein entsprechender Vorschlag der EU-Kommission von Mai 2016 sah vor, E-Books (und andere urheberrechtliche Inhalte) zunächst außen vor zu lassen – zumindest für einige Jahre. Dafür hatte sich auch der Börsenverein mit weiteren europäischen Branchenverbänden eingesetzt (mehr dazu hier). Denn eine generelle Verpflichtung zum grenzüberschreitenden E-Book-Verkauf würde vor allem für kleinere Händler in keinem Verhältnis zum (juristischen, logistischen und mehrwertsteuerrechtlichen) Mehraufwand stehen – und die ohnehin kleine Marge weiter aufzehren.

Doch im Zuge der Parlamentsberatungen wurde die Ausnahmeregelung für "nicht-audiovisuelle, urheberrechtlich geschützte Inhalte" Ende April überraschend gekippt – weil es "zahlreiche Fälle von Diskriminierung in Bezug auf elektronisch erbrachte Dienstleistungen wie E-Books, E-Musik, Spiele oder Software" gebe, wie der federführende Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des EU-Parlaments befand (zum Ausschuss-Bericht geht es hier). Fortgesetzt werden die Beratungen auf EU-Ebene voraussichtlich im Herbst.

Petition und Erklärvideo mit Jan Orthey

Mit einer Petition und einem Video, in dem auch der deutsche Buchhändler Jan Orthey (Lünebuch, Lüneburg, zugleich Vorsitzender des Sortimenter-Ausschusses im Börsenverein) zu Wort kommt, appelliert der europäische Buchhändlerverband EIBF jetzt an die Politik, die Ausnahme für E-Books beizubehalten. Zur Petition geht es hier, zum Video hier (das sich auch über soziale Netzwerke teilen lässt). Autorin Nina George gehört übrigens zu den ersten Unterzeichnern. Ihre Botschaft: "Mehr Diversität statt Simplizität wagen."

Der Buchhandel unterstütze die Ziele der digitalen Binnenmarktstrategie, heißt es in der Petition – doch die Rentabilität des neuen Marktes müsse sich erst noch erweisen: "Sollten Buchhändler zum jetzigen Zeitpunkt dazu verpflichtet werden, E-Books grenzüberschreitend zu verkaufen, wäre dies schlussendlich zum Nachteil europäischer Verbraucher. Viele Unternehmen könnten sich dazu gewungen sehen, den E-Book-Markt zu verlassen."

Auch deutsche und französische Branchenverbände haben bei den Buchtagen in einer "Berliner Erklärung" zur europäischen Buchpolitik dafür plädiert, E-Books aus der Geoblocking-Verordnung auszunehmen, da die Regelung in dieser Form die Teilnahme kleinerer und mittelständischer Buchhandelsunternehmen am E-Book-Markt zugunsten weniger, großer Plattformen untergrabe: "Nach jetzigem Stand der Verordnung müssten Buchhändler jeden Kunden in Europa gleichermaßen beliefern, was hohe Investitionen erfordern würde, die in Bezug auf die Marktgröße und die grenzüberschreitende Nachfrage nach E-Books unverhältnismäßig wären. Damit würde man letztlich den großen Plattformen das Feld überlassen," heißt es in der Erklärung.

Allein die korrekte Ausweisung der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze für Printbücher und E-Books sei für kleinere Firmen rechtssicher kaum leistbar, erläutert Juristin Jessica Sänger, beim Börsenverein Leiterin der Stabstelle für europäische und internationale Angelegenheiten, die drohenden Probleme: "Ob sich eine Buchhandlung europaweit im E-Book Geschäft engagiert, ist eine unternehmerische Entscheidung – und das sollte auch so bleiben."

Entsprechende Info-Grafiken und weitere Informationen hat der Verband EIBF auf seiner Website zusammengetragen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur geplanten EU-Verordnung finden Sie unter diesem Artikel als Download.