Flandern & die Niederlande als Ehrengast 2016

Buchmesse-Symptom: Schockzustand im Paradies

15. Oktober 2015
von Christina Busse
„Wir verursachen ein Summen, Brummen und Schwirren“, versprach Bart Moeyaert, Künstlerischer Leiter des kommenden Buchmesse-Ehrengastes Flandern & Niederlande. Der belgische, vielfach ausgezeichnete Kinder- und Jugendbuchautor gab heute einen Überblick über ein Programm, das zeitlich und räumlich weit über die Messe hinausgehen soll.

„Wir sind sehr, sehr offen und gespannt auf diese Welt, die vor unserer Haustür liegt und über die wir relativ wenig wissen, besonders die 70er und 80er Jahre. Da gibt es wahnsinnig viel zu entdecken", forderte Messe-Chef Juergen Boos den kreativen Kopf des flämisch-niederländischen Teams zu weiteren Ausführungen auf.

Bart Moeyaert, Jahrgang 1964, eröffnete seinen Beitrag mit einem Rückblick – auf seinen ersten Besuch der Frankfurter Buchmesse als junger Autor: „Die Menge der Bücher nimmt einem den Atem. Ich kenne keinen Ort auf Erden, an dem man mit dem Minibus von Italien nach Kanada reist. Es ist das Paradies auf Erden.“ Seit dieser Premiere im Jahr 1988 habe er keine Buchmesse ausgelassen, besonders um immer wieder den „Schock am dritten Tag“ auszukosten: „Der Moment beim Frühstück, an dem ich plötzlich dachte: ‚Was kannst Du dem hier noch hinzufügen, Bart?‘“ Diese Gelegenheit ist ihm nun par excellence gegeben. Sehr charmant, im dunklen Anzug mit großem, gelbem Karo betonte er, dass er in Hinblick auf das Motto „Flandern & die Niederlande“ den Schwerpunkt auf das legen wolle, was beide miteinander teilten: Eine Geschichte im Bereich Kunst, Kultur und Literatur. Die Nordsee. Dynamik.

Selbst summend, brummend, flüsternd präsentierte er in fließendem Deutsch einige Highlights des Auftritts im nächsten Jahr, darunter die Praxis des Bücherdoktors. Nicht um den von Moeyaert regelmäßig erlebten „Schock am dritten Tag“ zu kurieren, sondern um das Buch als „Heilmittel gegen jedes Leiden“ propagieren zu lassen, „von Autoren und anderen Bücherleuten“, die dazu in den weißen Arztkittel schlüpfen. „Niederländische Bücher in Übersetzung helfen da natürlich am besten“, wusste Moeyaert. Über das seit vielen Jahren gut sichtbare Profil niederländischer Literatur freute sich auch Bas Pauw, Projektleiter des niederländisch-flämischen Gastlandauftritts. Seit der ersten Teilnahme als Ehrengast im Jahr 1993 seien rund 2.800 deutsche Übersetzungen erschienen, berichtete er. In Verbindung mit dem anstehenden Auftritt seien bereits mehr als 250 Neuübersetzungen – von Roman, über Kinder- und Jugendbuch, Sachbuch, Lyrik und Graphic Novels - in Vorbereitung oder bereits veröffentlicht worden.

Gemeinsam mit Judith Uyterlinde, Koordinatorin des literarischen Programms, wies Moeyaert auf das großangelegte Kultur-Netzwerk hin, welches das Team, angesiedelt in Antwerpen und Amsterdam, anlässlich der Buchmesse unterhält. Ein Beispiel: Neben Frankfurt wird mit sieben weiteren Städten kooperiert, in denen schon ab März 2016 in Zusammenhang mit dem Gastland-Auftritt ein Strom aus Literatur-Events fließen soll: Köln, Münster, Karlsruhe, Hamburg, München, Leipzig und Berlin. Umgekehrt wird Deutschland unter dem Motto „Was ich noch zu sagen hätte“ im Mittelpunkt der in den Niederlanden im März stattfindenden Bücherwoche stehen.

„Dit is wat we delen.“ – „Dies ist, was wir teilen“, lautet der Slogan für den Buchmesse-Auftritt 2016, der aber schon jetzt erstmals praktisch angewendet wird. In gemeinsamen Lesungen beleuchten die Niederlande und Indonesien, Gastland 2015, bereits am Wochenende auf der Frankfurter Buchmesse ihre gemeinsame Geschichte und deren literarische Verarbeitung: Zum ersten Mal schlagen zwei Ehrengäste ein Brücke zueinander.