Forderungskatalog von Rainer Moritz

Alles muss anders werden

7. Januar 2016
von Börsenblatt
Rainer Moritz wünscht sich eine ganze Menge vom neuen Jahr 2016. 28 Forderungen unterschiedlichster Art hat er zusammengetragen, die wir hier für Sie dokumentieren.

Als ich vor Kurzem las, dass Bahn-Chef Rüdiger Grube 2016 für mehr Sauberkeit und Pünktlichkeit im ICE-Wesen sorgen wolle, begann ich wieder an die deutsche Vi­sions- und Utopiefähigkeit zu glauben. Vermutlich hat das mit Grubes Ernährungsumstellung zu tun, für die seine neue Ehefrau Cornelia Poletto verantwortlich sein soll. Was Grube kann, dachte ich mir dann, kann ich auch, und so fordere ich das neue Jahr entschieden auf, alles was im Argen liegt, um­gehend zu ändern. Konkret fordere ich, dass:

1. Sepp Blatter, Franz Beckenbauer, Theo Zwanziger & Co. in ein Seniorenstift ohne Ausgangs- und Redeerlaubnis eingesperrt werden, 
2. keine Romane mehr erscheinen, in denen sympathische, von sympathischen Buchhändlerinnen geführte Buchhandlungen gegründet werden und sich daran eine rührende Liebesgeschichte anschließt, 
3. Christine Westermann und ­Maxim Biller sich lieb gewinnen und gemeinsam kegeln gehen, 
4. Frauke Petrys große Autobiografie erst 2017 erscheint, 
5. der TSV 1860 München nicht in die dritte Liga absteigt, 
6. Mutter Beimers gemeinerweise gestorbener Mann Erich Schiller unverzüglich in die "Lindenstraße" zurückkehrt; bei "Dallas" hat das damals mit der Totenauferstehung ja auch geklappt, 
7. Helene Fischer bald Mutter wird und keine Wickellieder-CD aufnimmt,
8. Hamburg Dankbarkeit dafür entwickelt, dass es 2024 keine Olympischen Spiele ausrichten muss, 
9.
niemand mehr Olym­piade sagt, wenn er Olympische Spiele meint, 
10. alle Comebackversuche von Roberto Blanco, Rainer Brüderle und Tony Marshall scheitern, 
11. mein Sohn davon Abstand nimmt, sich einen süßen Hund zu wünschen, "wie Denis Scheck einen hat", 
12. Andreas Maier den Georg-Büchner-Preis und Cate Blanchett alle anderen Preise erhält, 
13. das Stuttgarter Weingut Wöhrwag für seine Cuvée "Moritz" auch irgendeine Auszeichnung bekommt, 
14. der Bau von Kreisverkehren (sagt man so?) stark eingeschränkt wird, 
15. Österreich oder Island bei der Fußball-Europameisterschaft ganz weit kommen, 
16. Wolfgang Bosbach, Dieter Nuhr, Simone Thomalla, Thomas Strobl (ach, den kennen Sie gar nicht?) und Eva Herman Ruhe geben, 
17. Harald Schmidt dem Schwarzwald-"Tatort" zu sensationellen Quoten verhilft und Karl Lagerfeld deshalb ein todschickes Bollenhut-Modell entwirft, 
18. endlich mehr vegane Romane erscheinen, in denen auf hässliche Eier- und Käseszenen verzichtet wird, 
19. alle (auch Buchhändler) das Wort "Autor" korrekt flektieren, und niemand zur Begrüßung sagt "Wir freuen uns, diesen Autoren heute Abend bei uns zu haben", 
20. die Wichtigtuerei mit diesen Handmade-Craft-Bieren aufhört, 
21. alle Rundfunk­anstalten im Dezember darauf verzichten, "Driving home for Christmas" und "Last Christmas" zu spielen, 
22.
der Bundes­justizminister die Nutzen des Urheberrechts erklärt bekommt, 
23. Buchhändlerinnen und Buchhändler ein sorgenfreies Leben haben, 
24.
der Thermomix trotz oder wegen seiner "innovativen Guided-Cooking-Funktion" floppt, 
25. sich Wencke Myhre, ohne dass der NDR Mitspracherecht hat, einen Ruck gibt und noch einmal für Deutschland beim Eurovision Song Contest antritt, 
26. Peter Hahnes Bücher nicht ohne Hinweis auf ­Risiken und Nebenwirkungen der Lektüre ausgeliefert werden dürfen, 
27. die Verwendung der Wörter "Zeitfenster", "Agenda", "zeitnah", "Achtsamkeit" und "kreativ" unter Strafe gestellt wird, 
28. meine Forderungen wie im letzten Jahr vorrangig behandelt werden, von wem auch immer.