Gestorben

Antiquar Peter Mulzer ist tot

31. Juli 2015
von Börsenblatt
Der Antiquar Peter Mulzer ist am 22. Juli in Freiburg im Breisgau im Alter von 69 Jahren einer schweren Krebserkrankung erlegen.

Peter Mulzer, geboren am 9. Juli 1946 in Freiburg im Breisgau, war seit etwa 1970 als Antiquariatsbuchhändler tätig. Besondere geschäftliche Beziehungen pflegte er ins Elsass, wohin ihn zahlreiche Ankaufsreisen führten. Vertriebskanal in den letzten rund fünfzehn Jahren war vor allem die Plattform von Ebay.

Vielen Kolleginnen und Kollegen wird Mulzer in erster Line als höchst engagierter, streitbarer, manchmal auch unerbittlicher Kommentator in allen Antiquariatsfragen (und weit darüber hinaus) in Erinnerung bleiben. Der Redakteur dieser Antiquariatsseite bekennt, viele der Äußerungen Mulzers für lesenswert und gelegentlich fast prophetisch gehalten zu haben – einmal abgesehen von einer nicht selten ausufernden Diskussionsfreude. In den letzten Jahren hörte man dann nichts mehr von Mulzer; eine schwere und unheilbare Erkrankung forderte ihren Tribut.

Eine lange zurückliegende Episode mag Mulzers Leidenschaft für das Antiquariat und zugleich sein ungewöhnliches Gerechtigkeitsempfinden illustrieren. 1985 erschien in der Zeitschrift "Aus dem Antiquariat" eine von Hans Ries verfasste, lediglich mit dem Kürzel "R. J." unterschriebene polemische Besprechung eines Katalogs von Heribert Tenschert. Der Ton, den Ries gegenüber Tenscherts Fabulierlust anschlägt, ist mehr als deutlich, die Rede ist unter anderem von "Schwulst" und "Schaum der Angeberei vor dem Munde".

Mulzer reagierte mit einer Leserzuschrift, die damals auch abgedruckt wurde (Stilfragen. In: AdA 1985, A 116 f.), in dem er unter anderem die "bedenkliche Neigung" des Katalogrezensenten zu "Schlägen unterhalb der Gürtellinie" kritisierte und größere Liberalität innerhalb des Branchenzweigs einforderte: "Weshalb behandeln wir die Mehrheit der phantasiebegabten, buchsensibilisierten Kunden so, als seien sie Erbsenzähler oder preußische Rechnungsräte im Kasernendienst? O Antiquar, warum unterdrückst Du jede Gefühlsregung und gibst in Arroganz und Kümmerlichkeit nichts weiter vom Empfindungsgehalt, den ein bedeutsames Buch hat? […] Was soll die Hatz auf Spitzenpreisantiquare? Aus meiner Verkaufspraxis weiß ich, daß die verketzerten Apothekenantiquare eben auch im Ankauf sehr gut zahlen … Die Problematik ist so vielschichtig, daß sich R. J. zu schade dafür sein sollte, so im Vorbeigehen den Kollegen T. mit den 'Mondpreisen' fertigzumachen. Fazit: Wer es kann, wer es vermag, der liefere uns endlich Kataloge, in denen auch Empfindungen und nicht nur Titeleien zu lesen sind. Bücher sind nicht seelenlos. Man beschere uns Verkaufslisten mit künstlerischer, locker-phantasievoller Diktion! Und dann noch lieber T.s üppige Wundergärten als das gefühllose Gemüsebeet, wie es wohl leider Herrn R. J. vorschwebt."

Der Ebay-Bücherbestand des Antiquariats Peter Mulzers wird von seiner Schwester Marianne Hyan unter dem neuen Account "alteskrokodilnachfolger2015" fortgeführt.