Heiko Windfelder über die Themenfindung bei Brettspielen

Von der Idee zum Spiel

9. August 2016
von Börsenblatt
Der Spielemarkt wird immer bunter – aber wann eignet sich ein Thema eigentlich fürs Brett? Heiko Windfelder weiß, was alles zusammenkommen muss, damit ein Spiel entstehen kann.

Ein Spiel zu Luther, zu 500 Jahre Reformation? Das liegt nicht unbedingt auf der Hand und hat manche Buchhändler zunächst etwas überrascht. Nach welchen Kriterien, wollten sie wissen, wählen wir eigentlich die Themen aus, zu denen wir dann ein Spiel veröffentlichen?
Um ein mögliches Missverständnis auszuräumen: Unser ­Luther-Spiel ist kein religiöses Spiel. Wer das erwartet, wird enttäuscht werden. Es ist ein Spiel mit historischem Hintergrund, genauso wie sich die Spiele zu den Romanen von Ken Follett auf seine Geschichten beziehen oder – im Kinderbuchbereich – die Greg-Spiele auf die Welt von "Gregs Tagebüchern". Das Spiel zu Martin Luther ist auch kein Wissensspiel, um möglichst viel zu lernen. Im Spiel sind zwar Hintergrundinformationen enthalten. Man kann sie lesen, muss es aber auch nicht. 
Natürlich sprechen wir mit dem Spiel protestantische Christen an. Aber vielleicht auch katholische. Oder rein historisch interessierte Menschen. Lehrer können das Spiel nutzen, um spielerisch in das Thema Luther einzuführen. Es kann in evangelischen Jugendgruppen gespielt werden und auch im Konfirmationsunterricht – die Zielgruppe ist groß. Vielleicht regt es manchen an, sich mehr mit Martin Luther und seiner Zeit zu beschäftigen. Aber das dann im zweiten Schritt, mit einem Buch, mit anderen Medien.
Das alles ist möglich. Doch vor allem eines soll das Luther-Spiel sein: einfach ein gutes Spiel! Wenn es im Kreis der Familie oder von Freunden gespielt wird, man zusammengekommen ist und gemeinsam eine gute Zeit erlebt, bevor wieder jeder seinen Dingen nachgeht, dann hat das Spiel seinen Sinn erfüllt. Doch wie entscheiden wir uns, ob wir zu einem Film, einem Buch oder einem anderen Thema ein Spiel machen? Da gibt es kein Patentrezept.
Ein Kriterium ist die Bedeutung des Themas für möglichst viele Menschen. Wenn wir Spiele zu Büchern, Filmen oder Ereignissen machen, möchten wir nicht nur ein erfolgreiches Spiel auf den Markt bringen, sondern auch für das Genre Brettspiel werben. Ein ebenso wichtiger Aspekt ist die Einschätzung, ob dieses Publikum auch eine Affinität zum Brettspiel hat.
Dann muss das Thema zu Kosmos passen. Zu bestimmten Themen würden wir einfach kein Spiel veröffentlichen, so erfolgreich es auch sein könnte. Kosmos steht für Qualität und für bestimmte Werte – im Buch- wie im Spielwarenbereich. Da passen gewaltverherrlichende Spiele zum Beispiel nicht hinein.
Und der vierte Punkt ist, ob wir eine gute, passende Idee dazu haben und Lust darauf. Ersteres werden beim Luther-Spiel die Spieler entscheiden, letzteres hatten wir. Und ebenso die Autoren: Martin Schlegel ist ein erfahrener Spieleautor, ­Erika Schlegel Religionslehrerin – wenn das nicht passt!
Natürlich gibt es bei uns auch die Überlegung, wie und über welche Partner wir das Spiel verkaufen können. Und ja, der Buchhandel spielt dabei eine Rolle. Bei einigen Spielen sogar eine große. So hat sich der Buchhandel bei dem Kartenspiel-Bestseller "Halt mal kurz" von Marc-Uwe Kling in Windeseile zum Hauptvertriebsweg hochkatapultiert. Bei Luther könnte der Anteil ebenfalls hoch sein, bietet sich das Spiel doch als Idee für Luther-Schaufenster oder Tischpräsentationen an. Nicht zuletzt deshalb erscheint das Spiel in Kooperation mit dem Belser Verlag. 500 Jahre Reformation ist ein klassisches Buchhandelsthema, bei dem viele Kunden in Büchern Informationen und Geschichten suchen und dabei vielleicht auch ein gemeinsames Erlebnis finden. Vermittelt durch ein Luther-Spiel.