Interview

"Internet-Angebote sind Marketing fürs Hörbuch"

24. Juli 2015
von Börsenblatt
Das Hörbuch ist in die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen eingezogen - zum kostenlosen Download. Bei den Hörbuchverlagen sorgt das neue Engagement der Sender für Irritationen. Im Interview mit boersenblatt.net nimmt Michael Loeb, Geschäftsführer der WDR-Vermarktungstochter WDR Mediagroup, Stellung. Einen Bericht zum "Reizwort Mediatheken" lesen Sie im aktuellen Börsenblatt (Heft 31/2008).
Die kostenfreien Internet-Angebote der ARD-Sender von Hörspiel-Produktionen, die auf CD auch in Hörbuch-Verlagen vorliegen, Sorgen für Verärgerung bei den Verlegern. Können Sie das nachvollziehen? Michael Loeb: Meines Erachtens gibt es dafür keinen Grund. Nach unseren bisherigen Erfahrungen ergänzen sich Hörbücher und kostenfreie Internetangebote. Wenn Sie die Nutzerstrukturen und -situationen analysieren, finden Sie im Internet Menschen, die bisher gar keine Hörspiele im Radio gehört oder als Hörbuch gekauft haben und die sich nun dafür interessieren. Dies bestätigen auch viele Anfragen. Die CD hat im Vergleich zum Download einen deutlichen Mehrwert, z.B. das qualitativ hochwertige Booklet. In diesem Sinne sind Internet-Angebote eine zusätzliche Marketingmaßnahme für das Hörbuch. Die WDR Media Group ist Mitgesellschafter im Der Audio Verlag DAV. Graben Sie sich mit Den Streaming/Download-Angeboten von Produktionen, die parallel als CD vorliegen, nicht selbst das Wasser ab? Natürlich nicht. Ich sehe vor allem die Chance, neue Publikumsschichten auch für unsere CDs zu eröffnen. Die Branche ist im Umbruch. Der neue Verbreitungsweg Internet bietet doch vor allem Chancen. Und noch etwas: zeitsouveräne Nutzung von Radioangeboten, ohne dass sie als Hörbuch veröffentlicht worden wären, war auch vor dem Internet schon möglich und völlig legal. Sie konnten schon immer Hörfunksendungen als Privatkopie mitschneiden und beliebig oft hören. Ich gehe nicht davon aus, dass das dem Hörbuchmarkt geschadet hat. Auf die Kooperation mit den Verlagen wollen die Sender auch künftig nicht verzichten, oder? Michael Loeb: Die Hörbuchverlage profitieren von ihrer Zusammenarbeit mit den Rundfunkanstalten, die künstlerisch und technisch hochwertige Hörspiele und andere Produktionen für ihre Sendungen herstellen und diese dann zum Teil an die Hörbuchverlage lizenzieren. Das wird hoffentlich auch zukünftig so sein. Sowohl für die Verlage als auch für die Rundfunkanstalten geht es doch darum, diese hochwertigen Produktionen für ein interessiertes Publikum auf möglichst vielen Wegen bekannt und zugänglich zu machen. Wie kann der Misston in der Partnerschaft mit den Verlagen Ihrer Meinung nach bereinigt werden? Michael Loeb: Wie immer in guten Partnerschaften: Indem wir aufeinander zugehen und gemeinsam sachlich und unter Zuhilfenahme aller Fakten Argumente und Perspektiven austauschen. Ich plädiere für eine Versachlichung der Debatte. Die Interessen treffen sich doch da, wo wir dem Produkt Hörbuch weitere Nutzerschichten erschließen und dessen Mehrwert herausstellen.