Mr. Sternbergh, warum wollten Sie über ein düsteres, zerstörtes New York schreiben?
Ich lebe seit zehn Jahren hier, bin aber im kanadischen Toronto aufgewachsen und war mein ganzes Leben lang von New York fasziniert. Nicht nur von der wirklichen Stadt, sondern auch von der, die in unserer Kultur und Vorstellung lebt. Sie ist die Stadt in Nordamerika, die am dichtesten dran ist an einem mythischen Ort, wie Emerald City im "Zauberer von Oz", und sie hat viele verschiedene Formen in unserer Vorstellung übernommen: Sie ist ein ausgebrannter Ort in Filmen wie "The Warriors" oder glitzerndes Juwel wie in "Sex and the City". Ich fand es spannend, mir eine neue, zukünftige Version der verfallenden Stadt vorzustellen – und zu überlegen, was es braucht, um sie Wirklichkeit werden zu lassen.
"Spademan" spielt irgendwann in der Zukunft. Haben Sie an eine bestimmte Zeit gedacht?
Nicht genau. Ich habe ungefähr 20 Jahre weitergedacht, etwa bis ins Jahr 2030. Es sollte eine fantastische Geschichte werden, aber auch eine, die mit der Gegenwart verbunden ist.
Wie sind Sie zu "Spademan" gekommen: Wer oder was hat Sie inspiriert?
All die großen hard-boiled und noir-Texte, die ich sehr mag, von Dashiell Hammetts "The Maltese Falcon" bis zu William Gibsons "Neuromancer" und der berührenden Dichtung von Frederick Seidel.
Gibt es ein reales Vorbild für Spademan?
Nein, ich beziehe mich auf fiktive Figuren und sehe ihn in der Tradition von hard-boiled Anti-Helden: nicht nur Phillip Marlowe und Sam Spade, auf den ich mich mit dem Namen "Spademan" beziehe, sondern auch extreme Figuren, mit denen ich aufgewachsen bin, wie der "Punisher" oder "Wolverine". Er hat aber nicht nur eine nihilistische Seite, so möchte ich ihn gern sehen: Er hat ebenso viel von Meursault in Albert Camus’ "Der Fremde" wie vom "Punisher", der Verbrecher jagt.
Wo haben Sie Ihren New York-Roman geschrieben?
Zuhause in Brooklyn. Weil ich Vollzeit für die "New York Times" gearbeitet habe, habe ich den Roman morgens geschrieben, meist zwischen halb sechs und halb neun, am Küchentisch.
Spademan lebt wie Sie in Brooklyn – was bedeutet Ihnen dieser Teil New Yorks?
Es ist der Ort, der es immer noch gut mit Künstlern und kreativer Arbeit meint, während Manhattan immer exklusiver wird und unerreichbar ist für alle außer den sehr Reichen. Es wäre sehr bedauerlich, wenn New York einmal überhaupt nicht mehr ein Magnet für Kreative wäre. Die Stadt konnte sich deshalb so gut entwickeln, weil sie offen war für sehr unterschiedliche Menschen, und ich hoffe, dass das so bleiben wird.
Worum geht es Ihnen: Wollen Sie mit "Spademan" vor allem unterhalten?
Ich möchte in jeder möglichen Hinsicht unterhalten, mit aufregenden Wendungen, witzigen Bemerkungen, besonderen Figuren oder Wortspielen. In „Spademan“ geht es aber auch um Ungleichheit und unseren Umgang mit Technik: dass sie uns blind gegenüber der Welt und den Menschen um uns herum werden lässt. Ein Thriller, der sich mit sozialen Fragen auseinandersetzt, beeindruckt den Leser stärker als einer, der nur Spaß machen will, und darum geht es mir auch.
Interview: Sabine Schmidt
"Spademan" erscheint am 3. März auf Deutsch bei Heyne Hardcore. Das Buch hat 304 Seiten und wird ca. 14,99 Euro kosten.