Interview mit Bernd Adam von der Deutschen Fachpresse

Nicht nur im Netz

4. Mai 2016
von Börsenblatt
Digitalisierung und Events sind Wachstumstreiber im Fachmedienmarkt. Bernd Adam von der Deutschen Fachpresse analysiert die Gründe.

Was hat für die gute Konjunktur der Fachmedien 2015 gesorgt?
Der Blick auf die Wachstumsraten zeigt, dass viele Bereiche zugelegt haben – das spricht für das breite Angebotsportfolio der Fachmedienhäuser. Dazu gehören neben den Fachzeitschriften selbst zusätzliche digitale Angebote und Veranstaltungsformate. Die Breite des Angebots macht die Fachmedien sowohl für die Werbetreibenden als auch für die Nutzer attraktiv, die ihre Inhalte auf allen Kanälen finden. Als enge ­Begleiter von Wirtschaft und Wissenschaft konnten die Fachmedien zudem von der allgemein guten Konjunktur profitieren: Das Bruttoinlandsprodukt stieg 2015 um 1,7 Prozent.

Digitale Medien sind ein Zugpferd bei den Fachmedienumsätzen. Wird dieser Wachstumstrend anhalten, weil immer mehr Zeitschriften ins Netz wandern?
Er wird anhalten, und wir beobachten seit vielen Jahren, dass die digitalen Medien die Wachstumstreiber sind. Aber das heißt nicht, dass immer mehr Zeitschriften ins Netz wandern. Neben den nach wie vor starken Printtiteln gibt es eine Reihe von Datenbanklösungen, die auch digitale Zeitschriften und E-Books beinhalten, und vermehrt softwarebasierte Inhalte-Lösungen von Fachmedienhäusern. Daneben steigen einige Häuser auch ins Geschäft mit großen Datenmengen (Big Data) ein oder entwickeln spezielle Serviceangebote. Ein weiterer Trend ist, dass Content und E-Commerce auf Webseiten verknüpft werden. Dazu wird auf dem Fachpresse-Kongress, der am 10. und 11. Mai in Berlin stattfindet, ein interessanter Vortrag von Gerrit Klein, Ebner Verlag, zu hören sein, in dem auch ein neues Berufsbild vorgestellt wird: der "Transaction Editor".

Ein Fünftel des gesamten Wachstums entfällt auf digitale Werbung. Werden wegbrechende Printanzeigen-Umsätze durch Erlöse in anderen Bereichen ausgeglichen?
Insgesamt kann man das sagen, denn Fachmedien haben es geschafft, trotz rückläufiger Anzeigenumsätze zu wachsen. Allerdings können die digitalen Werbeerlöse die Anzeigen­verluste in Print noch nicht kompensieren.
 
Die Zahl der Fachzeitschriftentitel hat fast wieder das Niveau von 2007 / 08 erreicht, also das Level vor der Finanzkrise. Glauben Sie, dass der Aufwärts­trend weiter anhält?
Ja. Wir merken, dass sich Wirtschaft und Wissenschaft immer stärker ausdifferenzieren. Es gibt eine wachsende Zahl kleinerer Segmente, die einen hohen Grad an Spezialisierung aufweisen. Die Fachmedienhäuser suchen diese Nischen, in denen sie wachsen können, und bedienen sie mit ihren fachmedialen Angeboten – mit neuen Fachzeitschriftentiteln oder anderen Formaten. Das muss nicht immer ein digitales Medium, sondern kann auch ein Kongress oder eine spezielle Website sein.

Das stärkste Umsatzwachstum verzeichneten Dienstleis­tungen, vor allem Events. Wird das Veranstaltungsgeschäft weiter an Bedeutung zunehmen?
Davon bin ich überzeugt.Wie sich die Umsätze für den Einzelnen entwickeln, ist allerdings schwer zu sagen, denn unsere Mitglieder beobachten im Veranstaltungssegment einen sich verschärfenden Wettbewerb, weil viele neue Anbieter auf den Markt drängen. Veranstaltungen im weitesten Sinne – von Kongressen über Seminare bis hin zu Messen und Awards – werden in jedem Fall dauerhaft zu den Umsätzen der Fachmedienhäuser beitragen. Auch das Thema Blended Learning, also die Kombination aus Onlinekursen und Vor-Ort-Lernen, scheint an Bedeutung zu gewinnen. Generell lässt sich beobachten, dass die Digitalisierung auch im beruflichen Umfeld den Wunsch der Menschen stärkt, sich persönlich auszutauschen.

Veranstaltungshinweis:
Am 10. und 11. Mai findet in Berlin der Kongress der Deutschen Fachpresse statt.