Interview zum 1. Marktforschungstag des Börsenvereins

Thomas Gruber von dm über Marktforschung und Unternehmenserfolg

14. Oktober 2015
von Sabine Cronau
Was will der Kunde? Thomas Gruber vom Drogeriekonzern dm hält Ende Oktober die Keynote beim ersten Marktforschungstag des Börsenvereins – und verrät hier, wie sich sein Unternehmen der wachsenden Fülle von Kundenwünschen nähert.

dm betreibt Marktforschung in Eigenregie – statt sich nur auf Dienstleister zu stützen. Warum?
Gruber: Natürlich arbeiten wir auch mit externen Marktforschungsunternehmen zusammen – aber wenn wir selbst unsere Kunden befragen, dann sind wir viel dichter am Geschehen und können stärker in die Tiefe gehen. Die meisten Dienstleister sind spezialisiert und haben keinen 360-Grad-Blick auf den Markt, in dem wir uns bewegen.

Ist Marktforschung für den Unternehmenserfolg heute wichtiger denn je?
Gruber: Unbedingt. Die Gesellschaft wird immer fragmentierter, Kundenwünsche fächern sich immer weiter auf. Diese Vielfalt gilt es einzufangen. Und dafür ist Markt­forschung unverzichtbar. Uns geht es darum, die bewussten, aber auch die unbewussten Bedürfnisse unserer Kunden zu erkennen und ernst zu nehmen. Früher gab es dafür das Verkaufsgespräch am Tresen – doch das findet im Handel immer seltener statt.

Zusammen mit dem Dienstleister Kernwert haben Sie 2013 eine spezielle Online-Community entwickelt, um Ihre Kunden zu befragen. Lassen sich da qualifizierte Ergebnisse erzielen?
Gruber: Online-Communitys sind ein schneller und unmittelbarer Weg, um mit Kunden in den Dialog zu treten. Unser dm-­Kundenforum 2.0, wie wir es nennen, kann den ungefilterten Redefluss, den O-Ton der Menschen festhalten. Genau das wollen wir: keine standardisierten Antworten, sondern persönliche Eindrücke. Diese muss man natürlich gewichten und in die Ergebnisse anderer Marktforschungsinstrumente einbetten, etwa in klassische Panelforschung oder Eyetracking-Analysen am Regal.

Wie wählen Sie die Teilnehmer Ihrer Online-Community aus?
Gruber: Wir sprechen Filialkunden an, akquirieren im Netz und können derzeit auf etwa 500 Adressen zugreifen. Grundsätzlich sind es Menschen, die dm bereits kennen und der Marke positiv gegenüberstehen. Aber dafür reden sie sehr offen mit uns. Wir ermuntern zur Kritik, nicht zu Wohlfühlantworten.

Was genau wollen Sie denn von Ihrer Online-Community wissen?
Gruber: Ein Thema für eine kleinere Befragung wäre etwa die Sortierung der Marken im Kosmetikregal oder wie Kunden mit Verpackungen umgehen. Im Schnitt starten wir ein Projekt pro Monat. Größere können sich mehrere Tage lang hinziehen und Kunden auch als Trend­scouts oder Konkurrenzbeobachter einsetzen. Als Dankeschön gibt es Einkaufsgutscheine.

Wäre ein solches Tool auch für Verlage und Sortimente mit kleinerem Budget ­geeignet?
Gruber: Warum nicht? Man kann die Com­munity ja auch kleiner halten. Aber ganz unabhängig von der Frage nach dem richtigen Tool: Ohne Marktforschung kommt nur aus, wer jeden seiner Kunden noch persönlich kennt.

Infos zum Marktforschungstag 2015

Wie können Verlage und Buchhandlungen ihre Kunden besser kennenlernen? Darum geht es beim ersten Marktforschungstag des Börsen­vereins am 30. Oktober, der neben aktuellen Daten auch Tools vermittelt.

  • Termin: Freitag, 30. Oktober, 11 bis ca. 17.30 Uhr, im Frankfurter Haus des Buches
  • Preis: 202,30 Euro für Mitglieder, 343,91 Euro für Nichtmitglieder (nur bei freien Restplätzen)
  • Weitere Referenten: Silke Borgstedt (Sinus), Bianca Corcoran-Schliemann (GfK),
  • Oliver Tabino (Q – Agentur für Forschung), Stephan Telschow (Gesellschaft für Innovative Marktforschung, kurz GIM)
  • Buchung: www.boersenverein.de/mafotag
  • Gewinnspiel: Auf der Frankfurter Buchmesse wird ein Ticket für den Marktforschungstag verlost. Einfach zum Börsenverein in Halle 3.1, H 65 kommen – und eine Visitenkarte in die entsprechende Gewinnspielbox auf der Theke einwerfen.