Jahresbilanz 13: Else Laudan, Argument Verlag mit Ariadne

"Unabhängiges Verlegen ist beinharte Arbeit"

14. Dezember 2016
von Börsenblatt
Bis zum 31. Dezember kommt auf boersenblatt.net jeden Tag eine Branchenpersönlichkeit zu Wort. Unsere kleine Jahresbilanz, verbunden mit einem Ausblick auf 2017. Heute: die Verlegerin Else Laudan, Argument Verlag mit Ariadne, über das VG-Wort-Urteil, "HERLAND" und spontane Kooperationen.

Plagen Sie die Folgen des VG-Wort-Urteils?Ja. Zwar hat unser umsichtiger Kollege, der fürs Kaufmännische zuständig ist, die Situation kommen sehen und Rücklagen gebildet, sodass wir nicht akut bedroht sind. Aber natürlich waren die Ausschüttungen der Verwertungsgemeinschaft für uns superwichtig – so was braucht man als Indie unbedingt, um verlegerische Wagnisse einzugehen, um weiter hochkarätige Übersetzungen und innovative Buchprojekte anschieben zu können.

Haben kleinere, unabhängige Verlage auch künftig eine Chance?„Chance“ klingt so nach Glücksspiel, aber unabhängiges Verlegen ist beinharte Arbeit – kreativ, beflügelnd, superriskant und anstrengend bis zur Selbstausbeutung. Bei den Unabhängigen gibt es viel zu viel un- und unterbezahltes Engagement. Aber wir werden gebraucht, wir sind sogar unverzichtbar. Wer sonst soll denn die Kulturarbeit machen, die bei rein ökonomisch geführten Programmen zwangsläufig auf der Strecke bleibt? Immerhin lernen wir allmählich, uns zu vernetzen und gemeinsame Präsenz zu entwickeln, u.a. mithilfe der Kurt-Wolff-Stiftung, die den kulturellen Einsatz der unabhängigen Verlage wertschätzt und sichtbar machen hilft, aber auch in spontanen Kooperationen untereinander auf diversen Ebenen (Indie-Verlage, Krimi- und Noir-Verlage, linke Verlage u.v.m.). Wir rücken zusammen, das müssen wir.

Was ist dem Verlag im Jahr 2016 besonders gut gelungen?Unser Politkrimi- und Noir-Programm Ariadne. Jede unserer vier Neuerscheinungen hat sich auf der KrimiZEIT-Bestenliste platziert und kann mit hymnischen Feuilletonrezensionen aufwarten, das ist eine phänomenale Erfolgsquote. Ariadnes Markenzeichen ist ja die Kombi aus intelligenten politischen Stoffen und hoher literarischer Qualität - eine sehr gehaltvolle Mischung, die gerade in schwierigen Zeiten immer mehr Publikum anzieht.

Auf welchen Bucherfolg sind Sie stolz?Auf jeden einzelnen! Aber ganz persönlich bin ich furchtbar stolz auf Liza Codys „Miss Terry“ und Malla Nunns „Zeit der Finsternis“, weil ich bei beiden an der Übersetzung mitgewirkt habe – das verstärkt die Nähe zu Buch und Autorin noch mehr und bringt mich vollends zum Glühen.

Was hat für Sie 2017 Priorität?
Zweierlei: Erstens bauen wir programmatisch das Projekt relevanter politischer Kriminalliteratur weiter aus. Konkret heißt das: den deutschsprachigen Spannungsroman weiterentwickeln, innovative Autorinnen fördern, die grenzüberschreitend schreiben, frei von Schema und Klischees, internationale Juwelen ausgraben und in exzellenter Übersetzung ans Publikum bringen, das Bewusstsein für Kriminalliteratur als relevante politische Erzählform unserer Zeit verstärken. Zweitens kümmern wir uns mit aller Kraft um Vernetzung und um das Schaffen kultureller Räume für gute relevante Spannungsliteratur. Wir machen tolle Aktionen mit unabhängigen Buchhandlungen und Verlagskolleg/innen, wir verwirklichen in Kooperation mit anderen ziemlich grandiose Veranstaltungen, zum Beispiel stellen wir hier in Hamburg für September 2017 gerade die große Expert/innentagung „Krimis machen 3“ mit auf die Beine; außerdem machen wir regelmäßig hochkarätige Noir-Abende mit Buchvorstellungen, Kritik und Diskussion ums Genre in der stimmungsvollen Bar 439 im Schanzenviertel, das ist stilechte Kulturarbeit vom Feinsten; auch auf der Leipziger Buchmesse haben wir tolle Gemeinschaftsprojekte, und parallel zu alledem wollen wir mit dem neu gegründeten Netzwerk „HERLAND - feministischer Realismus in der Kriminalliteratur“ verstärkt an der Förderung kühner Genre- und Nachwuchsautorinnen arbeiten, was kulturell unbedingt nötig ist. Es gibt unendlich viel zu tun.

Bisher erschienen:

Daniel Beskos, Mairisch Verlag Hans Frieden, Vertreter
Eckhard Südmersen, Libri
Angelika Siebrands, eBuch
Jan Weitendorf, W1-Verlagsgruppe
Jörg Sundermeier, Verbrecher Verlag
Gerdt Fehrle, Louisoder Verlag Jördis B. Schulz, Tolino Publishing
Olaf Kühl, Übersetzer Ulrike Helmer, Verlegerin Ina Hartwig, Kulturdezernentin Frankfurt Nina George, Schriftstellerin