Jugendschutz und Papierqualität

E-Books nach 22 Uhr und die EU-Holzverordnung

18. Juni 2015
von Börsenblatt

Für Online-Buchhändler kompliziert: E-Books fallen unter die Telemedien und dürfen, wenn sie die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen gefährden könnten, nur so angeboten werden, dass jene sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Auch der lückenlose Nachweis der Lieferkette von Papier ist für die Verlage eine Herausforderung. News von der avj-Tagung in Berlin.

Dass gewaltverherrlichende, rechtsradikale und pornografische Bücher in Buchläden nicht frei angeboten werden dürfen, scheint klar – Bücher, die von der Bundesprüfstelle auf den Index gesetzt worden sind, sind im Buchhandel "Bückware". Und auch pornografische E-Books oder E-Books, deren Inhalt indiziert wurde, dürfen analog zu indizierten Büchern nur in "geschlossenen Benutzergruppen" Erwachsenen zugänglich gemacht werden.

Bücher, die nicht auf dem Index stehen, können dagegen Kindern und Jugendlichen verkauft werden, auch wenn der Inhalt sie in ihrer Entwicklung beeinträchtigen könnte. Genau dies ist bei den E-Books anders: Sie gehören zu den Telemedien und fallen deshalb in den Bereich des Jugendmedienschutzstaatsvertrags – also in die Zuständigkeit der Länder und nicht, wie bei gedruckten Büchern, in die des Bundes.

Nach der derzeitigen Rechtslage dürfen entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte, d.h. solche Inhalte, die nur für Jugendliche ab 16 oder für Erwachsene geeignet sind, nur so angeboten werden, dass Kinder und Jugendliche diese nicht wahrnehmen. Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag zeigt dafür drei Möglichkeiten auf: Eine wäre, jugendgefährdende E-Books nur zwischen 22 und 6 Uhr anzubieten. "Das mutet merkwürdig an", sagte Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang auf der Jahreshauptversammlung der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj) in Berlin, aber die Vorschrift sei eigentlich für Kinofilme gemacht worden, da der Gesetzgeber davon ausgehe, dass in diesem Zeitraum nur Erwachsene in Kinos gingen. Die anderen Möglichkeiten sind der Einsatz technischer Mittel (z.B. Altersverifikation) oder die Programmierung der Inhalte für Jugendschutzprogramme.

Nun gibt es ein Verfahren, weil über die Datenbanken von Barsortimenten ein nach Einschätzung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) pornografisches Buch im Online-Buchhandel frei zugänglich war. Die Jugendschutzbehörde wurde darauf aufmerksam und anschließend gegen den Händler tätig, der als Anbieter haftbar ist. Derzeit ist Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang dabei, mit der Jugendschutzbehörde einen praktikablen Weg zu finden, damit Onlineshops und Barsortimente nicht jedes Buch selbst bezüglich seines Inhalts prüfen müssen und gleichzeitig den Anforderungen des Jugendschutzes genügen. Mit dem neuen VLB soll es bei E-Books ein Pflichtfeld geben, in dem entwicklungsbeeinträchtigende E-Books gekennzeichnet werden müssen. So wäre es möglich, dass jene inkriminierten Bücher nur in einer bestimmten Rubrik erscheinen, die dann mithilfe einer Jugendschutzsoftware unsichtbar gemacht werden kann. Mit diesem Filter können Kinder dann nicht auf diese Bücherrubrik kommen. "Faktisch hat derzeit aber nur ein Prozent der bundesdeutschen Haushalte überhaupt solche Filter für den Nachwuchs", erläuterte Sprang.

Lückenlose Lieferkette für die bedruckten Papiere

Seine Kollegin Jessica Sänger informierte über eine bevorstehende EU-Holzverordnung: Sie sieht vor, dass illegal geschlagenes Holz nicht nach Europa gelangen kann. „Es sieht stark danach aus, das diese Verordnung auch auf Druckerzeugnisse angewandt werden wird. Sie bringt Verpflichtungen mit sich, dass in Bezug auf die Herkunft des Papiers eine lückenlose Lieferkette vorgelegt werden muss, inklusive der Bewertung des Risikos, ob in das Papier doch illegal geschlagenes Holz gelangt sein könnte“, führte die Rechtsanwältin aus.

Weswegen vor allem Verlage betroffen sind, die außerhalb von Europa drucken lassen, wie das insbesondere bei Bilderbüchern oft der Fall ist. „Denn der Verlag ist derjenige, der das bedruckte Papier erstmals in den europäischen Binnenmarkt einführt“, erklärte Sänger. Die EU-Verordnung gelte unmittelbar, müsse also nicht noch einmal durch nationale Parlamente genehmigt werden. Sänger ist dabei, mit dem europäischen Verlegerverband in Brüssel auszuloten, ob es Übergangsfristen geben kann. „Eine lückenlose Lieferkette bedeutet für die Verlage im Vorfeld einen unglaublich hohen administrativen Aufwand“, merkte Wolfgang Förster vom Coppenrath Verlag an, „Wie viele Anteile von Tropenholz im Papier sind, das ist durch Labors noch feststellbar, aber stammt das Tropenholz aus einer legalen Plantage oder ist es illegal geschlagen worden oder stammen Restfasern in recycelten Papieren von Tropenholz? Da bleiben de facto viele Fragen offen.“