Konditionen

Jochen Wörner: „Die Idee, Leistung allein am Umsatz zu messen, ist überholt“

19. Januar 2011
von Börsenblatt
Reisezeit im Buchhandel: Landauf landab sind Vertreter unterwegs und präsentieren die aktuellen Programme. Ein Gespräch mit Sortimentsberater Jochen Wörner über die Branche im Konditionengerangel - und neue, leistungsgerechte Rabatte.
Wie viel ist beim Einkauf noch drin – für kleine und mittlere Buchhandlungen?

Wörner:
Es gibt sicher noch Luft, um die eigene wirtschaftliche Situation zu verbessern – und das betrifft sicher die gesamte Kette, auch und gerade die Logistik. Zum Beispiel gibt es immer noch zu viele Kleinsendungen. Auf diesen Punkt zu achten, dürfte unterm Strich mehr bringen als vielleicht ein Prozentpunkt mehr Rabatt.

Gibt es für Bestellungen bei Verlagen Faustformeln?

Wörner: Ja. Mindestens 5 Kilogramm im Paket, sonst fressen die Transportkosten den besseren Rabatt. Für eine rentable Sendungsgröße dürfte ein Bruttowert von 200 bis 250 Euro das Minimum sein. Wichtig auch: Der höhere Aufwand im Wareneingang wird erst durch mehrere Exemplare eines Titels kompensiert.

Um das aufzufangen: Wie hoch sollte der Rabattunterschied sein?

Wörner: Wenn der Bezug beim Verlag nicht mindestens fünf Prozentpunkte günstiger ist als beim Barsortiment, lohnt es sich eigentlich nicht, direkt zu bestellen, weil dem Rabattvorteil zum Beispiel höhere Transportkosten und höherer Aufwand im Wareneingang gegenüberstehe. Ich gehe bei dieser Zahl davon aus, dass die Rechnung in das Zahlungsclearing von BAG oder VVA geht. 

Welche Rolle spielen Partien noch bei Verlagsbestellungen?

Wörner: Partien waren immer ein Reizmittel, das Buchhändler dazu verleitete, mehr zu bestellen als sie eigentlich wollten. Diese Lock-Funktion haben Partien zwar verloren, weil Buchhändler heute sehr viel genauer hinschauen – aber sie gehören natürlich bis heute zu den Standardkonditionen. Dabei wäre es viel sinnvoller, sich auf bestimmte Umsatzgrößen und feste Konditionen zu einigen.

Manche Buchhändler kritisieren, dass sich Verlagsrabatte zuallererst am Jahresumsatz orientieren - und nicht an ihrem Engagement. Wie denken Sie darüber?

Wörner: Ich halte das System nicht für leistungsgerecht. Unterm Strich heißt das ja, das eine kleinere Buchhandlung, die sehr viel für einen Verlag tut, weniger bekommt als eine große Buchhandlung, die für den Verlag gar nichts macht. Dass Leistung so sehr am Umsatz festgemacht wird, ist keine gute Lösung – und aus meiner Sicht überholt.

Wie könnte ein modernes Modell aussehen?

Wörner: Es müsste berücksichtigen, ob das Engagement für einen Verlag unter- oder eben überdurchschnittlich ist.

Ließe sich das denn überhaupt umsetzen?

Wörner: In den meisten Fällen ja. Ein Vertreter, der ein bis zweimal im Jahr eine Buchhandlung besucht, sollte in der Lage sein, dieses Engagement einzuschätzen. Das mag manchmal etwas subjektiv sein, wäre aber besser – und vor allem leistungsgerechter – als das bisherige Verfahren. Man könnte zum Beispiel gemeinsam über Ziele nachdenken, die dann wiederum ihren Niederschlag im Konditionenmodell finden.

Wird darüber nachgedacht - oder sind die Verhältnisse dafür zu starr?

Wörner: Für Buchhändler ist das immer ein großes Thema, aber letztlich sind sie da abhängig von dem, was Verlage leisten und liefern.

Und leisten sie genug?

Wörner: Da gibt es große Unterschiede. Manche Verlage tun sehr viel für und mit dem Buchhandel –andere sehr wenig.

An welchem Punkt müssten Buchhändler künftig umdenken?

Wörner: Ich würde mir wünschen, dass Verlage und Buchhandlungen – unabhängig von ihrer Größe verstärkt darüber sprechen, was sie gemeinsam und individuell am Markt bewegen können. Das sollte zumindest bei denen möglich sein, die sowieso schon intensiver zusammen arbeiten. Und ich wünsche mir, daß das Thema Optimierung des Warenflusses wieder verstärkt aufgegriffen wird.   


Jochen Wörner ist Mitinhaber der Unternehmensberatung Hardt & Wörner in Wiesbaden.