Konferenz APE 2017 Berlin

Die Ethik des Publizierens

17. Januar 2017
von Börsenblatt
Wie zuverlässig sind wissenschaftliche Publikationen? Und was können Forscher und Verleger tun, um die Qualität von Artikeln und Zeitschriften sicherzustellen? Mit diesen Fragen befasste sich heute in Berlin die internationale Konferenz Academic Publishing in Europe 2017. Eindrücke vom ersten Kongresstag.

"Publishing Ethics", Verhaltensregeln für das wissenschaftliche Publizieren, sind dringender denn je. Denn mit der schwindelerregend wachsenden Zahl von Forschungsmanuskripten und -publikationen weltweit wächst auch die Zahl von Betrugsfällen oder Irrtümern. Eine sichtbare Folge des Publikationsfurors ist die Menge der Artikel, die den Begutachtungsprozess ("Peer Review") nicht überstehen und vor der Veröffentlichung zurückgezogen werden.

Könnte man nicht eine Kontrollorganisation schaffen, die Verstöße im Prozess des wissenschaftlichen Publizierens aufdeckt und sanktioniert - ähnlich wie im Sport die WADA (World Anti-Doping Agency)? Diese Frage kam bei der APE aus dem Publikum - und Mirjam Curno, Mitglied im Committee on Publication Ethics (COPE), beantwortete sie differenziert: Man könne Doping nicht mit dem unübersichtlichen Geflecht an Fehlern oder Täuschungsmanövern vergleichen, wie sie bei der Produktion eines Forschungsartikels vorkommen würden. Beispielsweise sei in vielen Fällen gar nicht klar, ob und in welchem Maße tatsächlich eine Täuschungsabsicht des Verfassers vorliege.

Rachel Burley von BioMed Central (Springer Nature) in London ging in ihrer Keynote der Frage nach, wie man Herausgeber wissenschaftlicher Beiträge am besten unterstützen könne. Sie stellte eine Reihe von Peer Review-Verfahren vor, etwa das "Double-Blind"-Verfahren oder das Prinzip des "open Peer Review". Erfolgversprechend sei unter anderem ein Verfahren, bei dem Manuskripte journalübergreifend geprüft würden, so Burley.

Wie könnte man Forschung und Verlagen dabei helfen, die Integrität ihrer Publikationen zu sichern? Diesen Aspekt beleuchtete Ijsbrand Jan Aalbersberg (Elsevier, Amsterdam). Ein Weg ist Information: Angehende Forscher müssten lernen, was beim Veröffentlichen von Forschungsergebnissen erlaubt sei und was nicht.

Ergebnisse einer aktuellen Studie zu Peer Review stellte Will Schweitzer (AAAS / Science, Washington) in seinem Vortrag vor. Ein Ergebnis: Die überwiegende Mehrheit der Forscher und Verleger tendiert zu transparenten Peer-Review-Verfahren, bei denen alles, auch die Namen der Gutachter, offengelegt wird. Als eminent wichtiges Kriterium der Qualitätssicherung wurde von den Studienteilnehmern eingefordert, dass jeder am Publikationsprozess Beteiligte bestehende oder auftretende Interessenkonflikte bekannt machen müsse. Nur so sei die Unabhängigkeit der Forschung zu gewährleisten.

Die Konferenz beschäftigt sich in einem weiteren Teil (am heutigen Nachmittag) mit dem Thema Open Access. Die Konferenz war am Morgen bereits mit einem Grußwort von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka eröffnet worden, das Andreas Degkwitz, Direktor der Bibliothek der Humboldt-Universität, überbracht hatte. Wanka sprach darin auch die Open Access-Strategie des Bundes an, die kontrovers diskutiert wird. 

Eröffnet wurde die APE von Michiel Kolman (Elsevier), der erst kürzlich zum neuen Präsidenten der Internationalen Verleger-Vereinigung (IPA) gewählt worden ist.