Krimis der anderen Art

Untypische Querschläger

28. Januar 2016
von Börsenblatt
Verbrechen lassen sich auch unkonventionell erzählen: als Adaption eines Literaturklassikers, wie eine Screwballkomödie oder im trügerischen Licht einer Romanze.

Mit ihren mehr als 20 psychologischen Kriminalromanen gilt die Schriftstellerin Val McDermid als schottische Krimi-Queen. Nun hat sie – vielleicht, um sich einmal von den engen Vorgaben des Krimigenres zu lösen – einen Klassiker der englischen Literatur in einen spannenden Gegenwartsroman verwandelt: Jane Austens Schauerroman-Parodie "Northanger Abbey". Wie im Original steht auch in McDermids Adaption die 17-jährige Pfarrerstochter Cat Morland im Mittelpunkt der Handlung. Nicht im mondänen englischen Bath (wie in der Vorlage), sondern im schottischen Edinburgh begegnet Cat ihrem späteren Gemahl, dem jungen Rechtsanwalt Henry Tilney (bei Austen ein vermögender Gentleman). Doch bis es so weit ist, muss Cat Intrigen und gruselige Abenteuer auf Henrys Fami­liensitz in der Northanger Abbey überstehen – und sie wird den Eindruck nicht los, dass dort ein fürchterliches Verbrechen begangen worden ist (Val McDermid: "Jane Austens Northanger Abbey". Harper Collins, 304 S., 19,90 Euro).

Anspielungen auf einen literarischen Stoff wirken auch im Hintergrund des Romans "Die Prinzessin von Arborio" der Wiener Schriftstellerin Bettina Balàka (Haymon, März, 200 S., ca. 19,90 Euro). Sie erzählt darin die absonderliche Begegnung zwischen der mörderischen Restaurantchefin Elisabetta Zorzi und dem Kriminalpsychologen Arnold Körber, der ihren Verbrechen auf die Spur kommen will. Denn Zorzi ist ein weiblicher Blaubart, eine schwarze Witwe, der kein einmal in Ungnade gefallener Verehrer lebend entkommt. Auch dem Profiler Körber droht dieses Schicksal – denn er erliegt den Reizen der bösen Schönen.

Kein Geringerer als der namhafte Schriftsteller Michael Kleeberg hat für den Liebeskind Verlag einen Roman übersetzt, der den Rahmen einer Kriminalhandlung sprengt und ihn zum Schauplatz eines interkulturellen Konflikts weitet: "Der große Mann. Leben und Sterben auf Palm Island" (­Februar, 368 S., 22 Euro). Die australische Autorin Chloe Hooper schildert darin den Tod eines Aborigines in Polizei­gewahrsam, der eine Gewaltspirale auslöst. Als verdächtig gilt ausgerechnet ein Polizeibeamter, der sich seit Jahren um ein gutes Verhältnis zu den Aborigines auf Palm Island bemüht: Chris­topher Hurley. Doch seine hochgewachsene Statur lässt ihn zugleich als unheimlich erscheinen: In der Mythologie der Ureinwohner gilt der "große Mann" in seinen vielfältigen Verkleidungen als Schreckensgestalt.

Konsequenter Irrwitz

Das bisher unbekannte Genre des "Screwball noir" hat der irische Krimiautor Declan Burke begründet, dessen zweiter Roman "The Big O" (nach "Absolute Zero Cool") Anfang März bei Nautilus erscheint – wieder in der Übersetzung des Kriminalschriftstellers Robert Brack (ca. 288 S., ca. 18 Euro). Eine Sprechstundenhilfe, die am Monatsende bewaffnete Raubüberfälle begeht; ein Schönheitschirurg, der seine Exfrau entführen lässt, um die Versicherung zu erleichtern; ein Auftragskidnapper und ein Knacki – das ist das Personal dieses schrägen Krimis zwischen Lachen und Grauen.

Nicht "Gone Girl", sondern "Gone Cat" heißt Sam Gassons Krimi, in dem eine samtpfotige Vierbeinerin zur Zeugin der Anklage wird: die Katze Mildred, die zufällig am Tatort ist, als die Nachbarin Poppy Rutter erschlagen wird. Blutige Pfotenabdrücke sind der Beweis, doch Mildred selbst bleibt zunächst unauffindbar. Ihr Kamerahalsband könnte die entscheidende Szene des Verbrechens gespeichert haben (Egmont Lyx, 352 S., 14,99 Euro).

Einen Metakrimi und zugleich eine Hommage haben der Hamburger Roman- und Drehbuch-Krimiautor Frank Göhre und der Krimikolumnist Alf Mayer geschrieben: In "Cops in the City. Ed McBain und das 87. Polizeirevier" durchstreifen sie die 55 Romane, die der amerikanische Schriftsteller auf den Spuren der Cops aus dem (fiktiven) New Yorker Polizei­revier geschrieben hat (Culturbooks, 292 S., 17,90 Euro).