Landgericht untersagt Amazon Provisionen für Schulfördervereine

"Unzulässiger sozialer Druck auf Schüler und Eltern"

29. Juli 2014
von Börsenblatt
Das Landgericht Berlin hat dem Online-Händler Amazon untersagt, Schulfördervereinen beim Verkauf preisgebundener Bücher Provisionen im Rahmen seines so genannten Affiliate-Programms zu zahlen. Nach Ansicht des Gerichts verstoßen solche Zahlungen gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb sowie gegen die Buchpreisbindung.

Mit dem Urteil gab das Gericht einer Klage des Börsenvereins statt. Amazon hatte unter anderem dem Schulförderverein eines Berliner Gymnasiums Vergütungen dafür gezahlt, dass Eltern ihre Schulbücher über einen entsprechenden Link auf der Website des Vereins bei dem Online-Händler kauften, so der Börsenverein in einer Medieninformation. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Nach Ansicht des Gerichts sind derlei Zahlungen ein Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Zudem seien die Provisionszahlungen eine unzulässige Gewährung von Preisnachlässen und damit ein Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz. Das Amazon-Modell übe unzulässigen sozialen Druck auf Schüler und Eltern aus, so das Landgericht Berlin in seiner Urteilsbegründung. Diese gerieten in die Situation, ihre Schulbücher über den Förderverein bei Amazon kaufen zu müssen, um den Eindruck mangelnder Solidarität mit der Schulgemeinschaft zu vermeiden und sich nicht moralischen Vorwürfen Dritter auszusetzen. Damit beeinflusse Amazon das Verhalten dieser Verbraucher in unangemessener unsachlicher Weise.

Der Börsenverein begrüßt das jetzt begründete Urteil. "Nicht zum ersten Mal macht der weltgrößte Online-Händler durch rechtswidriges Handeln von sich reden. Dieses Modell ist ein weiterer Mosaikstein im rücksichtslosen Geschäftsgebaren von Amazon. Es ist unlauter, sich über sozialen Druck im Wettbewerb Vorteile zu verschaffen", sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins. "Die unmissverständliche Entscheidung des Landgerichts Berlin macht deutlich, dass solche Praktiken im Geschäft mit preisgebundenen Büchern nichts zu suchen haben."

Wegen eines ähnlichen Systems unzulässiger Rückvergütungen im Schulbuchgeschäft habe die Staatsanwaltschaft Erfurt vor einigen Wochen die Geschäftsräume von zwei Online-Schulbuchhändlern in Thüringen durchsucht, so der Börsenverein weiter, und ermittelt gegen diese sowie gegen die beteiligten Schulen und Schulfördervereine derzeit wegen des Verdachts auf Bestechung und Bestechlichkeit.

Link zum Urteil des Landgerichts Berlin.