Leipziger Buchmesse: Fachkonferenz Marketing und Vertrieb

Die permanente Marke

18. März 2016
von Börsenblatt
Multichannel-Marketing ist eine hochkomplexe Angelegenheit – vor allem, wenn es darum geht, Verlagsmarken und Büchern im Netz eine vergleichbare Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit zu verschaffen wie in der stationären Welt. Die Buchmessekonferenz der Akademie der Deutschen Medien über "Erfolgsstrategien für Multichannel-Marketing" lieferte die passenden Analysen und Szenarien.

Für den Einstieg sorgte der Digitalberater und Netzvordenker Christoph Kappes, Geschäftsführer der Social-Reading-Plattform Sobooks.de. Was der digitale Wandel nicht nur für Produktformen und Geschäftsmodelle bedeutet, sondern auch für das Marketing, war sein Thema.

Sichtbarkeit
Das beginnt bereits bei der Sichtbarmachung der eigenen Produkte. Online sei die Sichtbarkeit für Titel zwar grundsätzlich größer, aber bei wachsender Content-Produktion – Kappes sprach von „Content-Explosion“ – nähmen die Störeffekte zu. Ein Problem für alle unabhängigen Plattformen sei zudem, dass Amazon-Fundstellen die Suchmaschinen dominieren. Ein hausgemachtes Problem vieler Buchverlage sei, dass die Inhalte unsichtbar blieben. Das Cover sei immer sichtbar, Inhaltsverzeichnisse und Buchauszüge hingegen seltener.

Handels- oder Direktmarketing
Das zweistufige Vertriebsmodell, das einen Vermittler oder Distributor (im Falle des Buchmarkts den Buchhändler) benötigt, sei auf dem Rückzug, so Kappes, und zog zur Untermauerung der These die Vertriebsumfrage des Mediacampus Frankfurt heran. 20,4 Prozent der Buchproduktion würden schon direkt an Endkunden vertrieben, mit steigender Tendenz.

„Lifetime Value“
Einfache Marketingmodelle, wie man sie aus der Printwelt kennt, würden online nicht mehr funktionieren: zu unterschiedlich sei die Customer Journey, die Bewegung des Kunden im Netz, bevor er ein Buch (E-Book) kauft. Da gebe es kein einheitliches Muster, so Kappes. Um effizientes Online-Marketing zu betreiben, müsse man daher die gesamte Kaufhistorie kennen. Es gehe darum, den „Lifetime Value“ des Kunden zu ermitteln – mit Hilfe der Daten, die er im Netz hinterlässt.

Markenführung
Marketing ohne Markenführung ist nichts, erst recht im Internet. Hier gelte es, die Marke in einen „Stream“ zu verwandeln, zusätzliche Kontaktpunkte zu schaffen, auch nach Erscheinen eines Titels, und die Veröffentlichungszyklen zu verkürzen. Ein Rezept für die crossmediale Nutzung von Büchern sei etwa, beim Verkauf eines gedruckten Buchs die E-Book-Version zu verschenken, um im Gegenzug die Mailadresse des Kunden zu erhalten.

Aufmerksamkeit
Um nicht in der Masse der Content-Produktion unterzugehen, müsse man im Online-Marketing Aufmerksamkeit erregen: durch ungewöhnliche Produktformen, Online-Events oder die Aktivierung prominenter Leser.

Die Reihe der Vorschläge, die Kappes präsentierte, ließe sich sicher fortsetzen. Aber schon die genannten Aspekte machten jedem Zuhörer klar, welch komplexes Instrumentarium man sich zurechtlegen muss, um Buchkunden im Internet zu akquirieren und zum Buchkauf zu motivieren.

Vertrieb 2020

Aus der Sicht eines Publikumsverlags warf anschließend Bernhard Fetsch, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb bei Droemer Knaur, sieben Thesen für den Vertrieb 2020 an die Wand:
•    Ohne Strategie wird verlegerisches Tun zum Glücksspiel: Verlage müssen sich klarer positionieren.
•    Autoren werden zu Marken mit diversen Produkten & Aspekten. Künftig fragt der Autor den Verlag: Welchen Mehrwert bietest du mir?
•    Die Midlist wird zunehmend zur Herausforderung. Kommt ein Spitzentitel nicht in die Charts, wird die Luft schnell dünn.
•    Vertreter im stationären Handel werden nicht überflüssig: Ihre Rolle wandelt sich zum „Kundenmanager“ in der Fläche.
•    Ohne Digitalisierung können Verlage nicht überleben: Selfpublishing, E-Only-Produktionen und Apps werden fester Bestandteil der Verlagsarbeit.
•    Direkte Kommunikation mit der Zielgruppe, mit dem Kunden wird Standard.
•    Vertrieb ist eine Aufgabe für den gesamten Verlag – auch für Marketing, Presse und Programmarbeit.



Weitere Themen der Buchmessekonferenz:

Sarah Mirschinka (Bastei Lübbe) sprach über „Learnings aus dem Digitalvertrieb von Bastei Entertainment rund um E-Books & Co.“.

Christoph Kappes und der Youtuber Robin Blase boten Roundtable-Sessions zu den Themen Content-Marketing und Youtube-Channels für Verlagsmarken.

Yogesh Torani
, Geschäftsführer BoD erläuterte, wie man Reichweite und Sichtbarkeit messbar steigern kann.