Lieblingsbücher der Unabhängigen im Lesezelt

Herzblut, Hörkunst und Kundenkenntnis

13. Oktober 2017
von Börsenblatt
Bühne frei für die Unabhängigen: Im Lesezelt stellte "The Voice" Christian Brückner die Lieblingsbücher der unabhängigen Buchhandlungen vor, eine Diskussionsrunde sprach über die  hohe Kunst der Vermittlung und weitere Stärken, die Buchhandlungen unnachahmlich machen.

Sprecher Christian Brückner las aus den fünf nominierten Lieblingsbüchern der unabhängigen Sortimenter - nein, er las nicht, er inszenierte die Texte mit seiner ganzen körperlichen Präsenz, holte mit kleinen Gesten die Atmosphäre zwischen den Zeilen ins Lesezelt, modulierte Sätze mit einer Stimme, die vom  samtweichen Timbre über ersticktes Flüstern bis zum Poltern einen herrlichen Facettenreichtum bewies.

 "Zum Glück müssen wir jetzt nicht über die einzelnen Texte abstimmen", meinte Torsten Casimir nach dem großen Applaus im Lesezelt, "wir wüssten vermutlich kaum, welche Passage die bessere wäre." Der Chefredakteur des Börsenblatts moderierte die anschließende Podiumsdiskussion über die Rolle der Indipendents im Buchmarkt, ausgehend von der Frage, unter welchen Kriterien ein Unternehmen als unabhängig bezeichnet werden kann.

Denn WuB-Initiator und Buchbox-Mitinhaber David Mesche etwa hat im Norden Berlins einige, wenn auch kleine Filialen: "Die Unabhängigen müssen sich nicht vor Finanzinvestoren verantworten, und sie haben die Freiheit, ihre Herzenstitel zu vermitteln", bot Mesche als definition an.

Diese Vermittlung ist, die Piper-Verlegerin Felicitas von Lovenberg so an den unabhängigen Sortimente schätzt: "Wir machen Bücher für Leser unterschiedlicher Couleur, aber alle Bücher brauchen eine leidenschaftliche Vermittlung." Auf das "Herzblut" bei den Buchhändlern wies auch Autorin Isabel Bogdan hin, die schon mehr als 90 Lesereisen absolviert hat, die meisten in unabhängigen Sortimenten: "Es macht permanent Spaß, wenn man die Begeisterung erlebt, mit der hier Bücher vermittelt werden. Ich erlebe recht oft, dass die Buchhändler nicht nur meine Bücher groß machen." Ähnlich sah es auch von Lovenberg: "Ohne die Buchhändler, die gute Literatur zu schätzen wissen, würden wir andere Bücher machen müssen. Da wäre unsere literarische Landschaft erheblich ärmer." Zur Kultur gehöre das Lesen als Basis, "und unabdingbar Buchhändler, die das Lesen fördern", unterstützte Philip Berens vom "Arte Magazin", dessen Zuschauer laut Berens in hohem Maße Buchleser sind.

David Mesche berichtete über die Woche der unabhängigen Buchhandlungen und die Bemühungen des WUB-Organisationsteams, die Indies in den Vordergrund zu holen: "Die Unabhängigen müssen enger zusammenrücken, wir müssen öffentlich stärker wahrgenommen werden." Isabel Bodgan riet, das große Können der Sortimenter mehr in den Vordergrund zu rücken: "Ich habe immer das Gefühl, die Buchhändler kennen jeden Kunden persönlich - das ist eine Stärke, auf die man stolz sein kann." An Verlegerin Felicitas von Lovenberg jedenfalls soll es nicht liegen, die Independent-Buchhandlungen zu stärken: "Ich bin optimistisch, dass wir gute Umsätze mit den Unabhängigen machen können."