Meinung

Dein Kunde, der Pirat

13. Dezember 2007
von Börsenblatt
Raubkopien: Warum es nicht genügt, illegale Downloads zu ahnden. Von Konstantin Wegner.
Verfolgt man die Berichterstattung zur Internet-Piraterie, so stehen die Verlage vor einem kaum lösbaren Problem: überall »Piraten«, die – ganz unromantisch – Millionen von Musik-, Film-, Software- und Textdateien via Internet up- beziehungsweise downloaden und so der Medienbranche herbe Schäden zufügen. Die These: Was die Musikbranche in den vergangenen Jahren durchlebt hat, steht nun auch den Verlagen bevor – aber ist das wirklich so? Natürlich: Die Musikbranche hat wie auch die Software- und Filmbranche erheblich unter der unkontrollierten Verbreitung ihrer aufwendig entwickelten Inhalte gelitten und tut dies immer noch. Und auch Verlage, vor allem Fach- und Hörbuchverlage, die digitale Inhalte publizieren, sind betroffen. Gleichwohl bildet das Kerngeschäft der Verlage mit gedruckten Texten und Bildern eine weit weniger attraktive Beute. Es finden sich zwar immer wieder Bestseller, die digital im Internet kursieren – von einem massenhaften Tausch sind die Verlage aber glücklicherweise (noch) weit entfernt. Für sie gilt es, die richtige Mischung aus Repression und attraktivem Angebot zu finden: Da sich die Piraterie kaum zu einem so grundlegenden Problem wie in der Musikbranche entwickeln wird, können sich die Verlage auf die Verfolgung der heavy user und den Schutz ihrer Bestseller konzentrieren. Und sie können aus den Fehlern der Musikbranche lernen, die sich lange Zeit darauf fokussierte, das Problem mit juristischen Mitteln in den Griff zu bekommen, ohne eine Alternative zu bieten, viel zu spät erste Online-Angebote zuließ und nun sogar so weit ist, auf jeden Kopierschutz zu verzichten. Dank ausgereifter Trackingsoftware professioneller Anbieter ist dem Internet-Provider anhand der ermittelten Daten eine genaue Identifizierung des Anbieters illegaler Angebote möglich, sodass heavy usern das Handwerk gelegt werden kann. Es zeigt sich, dass es möglich ist, bei frühem, gezieltem Einschreiten eine unüberschaubare »Tauschwelle« zu verhindern. Die Staatsanwaltschaften, die nach jetziger Rechtslage Auskunft vom Provider über die Nutzeridentität verlangen und diese dem Rech­te­inhaber per Akteneinsicht zugänglich machen können, sind bei ihrem Ermittlungseifer jedoch unterschiedlich engagiert. Der Gesetzgeber hat zwar durch die Verabschiedung des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung die Speicherfristen von Verbindungsdaten und damit den IP-Adressen für Provider auf sechs Monate festgeschrieben, was die Staatsanwaltschaften merklich im Hinblick auf den zeitlichen Druck bei den Ermittlungen entlasten wird. Doch die anstehende Umsetzung der Enforcement-Richtlinie, zum Schutz der Rechteinhaber initiiert, wird die Situation nicht verbessern, wenn der Auskunftsanspruch des Rechteinhabers an die Erfüllung praxisfremder Voraussetzungen geknüpft wird. Der Kostenerstattungsanspruch gegen den »Piraten«, durch teilweise überhöhte Forderungen mancher Anwälte erst in den Fokus des Gesetzgebers geraten, wird voraussichtlich auf eine Höchstgrenze festgeschrieben sein, die unterhalb jeder Wirtschaftlichkeitsgrenzen liegt. Alles Gründe, das Augenmerk auf die effiziente Verfolgung der heavy user zu legen und ansonsten die Kunden mit attraktiven Angeboten zu überzeugen. Wie restriktiv sollte gegen illegalen Download vorgegangen werden? Diskutieren Sie mit uns!