Michael Busch im Interview über Thalia

"Der stationäre Buchhandel wird immer am wichtigsten bleiben"

12. Juli 2016
von Börsenblatt
Thalia-Chef Michael Busch ist nach dem Einstieg von Herder nicht nur Geschäftsführer, sondern auch Anteilseigner. Warum die private Beteiligung kein Risiko für ihn darstellt, wie das Inhaber-Quartett künftig zusammenarbeiten wird, und ob bei Thalia schon Regale für das Herder-Programm frei geräumt werden, erklärt Michael Busch im Interview mit boersenblatt.net.

Die Bekanntgabe des Einstiegs von Herder bei Thalia war ja ein echter Paukenschlag zum Wochenbeginn. Welche Reaktion hat Sie besonders gefreut?Die Reaktion unserer Mitarbeiter auf die Nachricht. Hier am Standort Hagen, aber auch aus den Buchhandlungen höre ich, dass die Mitarbeiter richtig glücklich sind mit der Lösung. Die wichtige Botschaft, dass die neue Eigentümerstruktur von großer Nachhaltigkeit geprägt ist, scheint angekommen zu sein.

Jedenfalls wissen alle Beteiligten sehr genau, worauf sie sich einlassen.Und ob. Die Familie Kreke ist seit 1979 im Buchhandel engagiert und stockt ihr Engagement jetzt noch einmal deutlich auf. Bei Herder geht der stationäre Buchhandel bis in die Ursprünge von vor 200 Jahren zurück. Nach einer kleineren Pause steigen sie jetzt wieder richtig ins stationäre Geschäft ein.

Auch Sie sind jetzt Anteilseigner. Warum gehen Sie das Risiko ein?Für mich ist das kein Risiko. Einerseits war es ein lang gehegter Wunsch von mir als geschäftsführender Gesellschafter zu agieren. Andererseits ist es auch ein klares Commitment an die übrigen Gesellschafter, dass mein Team und ich an das glauben, was wir uns für die nächsten Jahre vorgenommen haben.

Verraten Sie, wie hoch Ihr Anteil ist?Nein, darüber haben wir Stillschweigen vereinbart.

Was wird sich jetzt in Ihrem Arbeitsalltag ändern?Nicht so viel. Die neuen Inhaber und die Familie Kreke sind überzeugt von unserer Strategie, und das Managementteam wird sich nicht verändern. Daher werden wir gemeinsam mit unseren Mitarbeitern konsequent an unseren bestehenden Themen weiterarbeiten.

Mit dem Digitalunternehmer Leif Göritz haben Sie für Ihr wichtigstes Wachstumsfeld nun besondere Expertise an Bord.Das freut uns sehr. Ich habe tiefen Respekt vor dem, was Leif Göritz im Digitalbereich in den vergangenen Jahren geleistet hat. Bei Schwerpunktthemen werden wir ihn im Sinne eines aktiven Aufsichtsrats mit hinzuziehen. Das war, vor dem Hintergrund seiner großen Expertise, übrigens ein ausdrücklicher Wunsch von mir. Im operativen Geschäft wird das Management allerdings genauso frei arbeiten, wie das bisher der Fall war.

Wie wird Manuel Herder sich einbringen?Er ist der Hauptgesellschafter. Manuel Herder und ich kennen uns seit 20 Jahren, seit 1996, als Thalia die Herder-Buchhandlungen übernommen hat. Die Buchhandlung Thalia und der Herder Verlag waren natürlich auch über viele Jahrzehnte harte Verhandlungspartner – wir haben uns also sehenden Auges auf die neue Konstellation eingelassen. Mit ihm werden wir uns natürlich ebenso wie mit den übrigen Eigentümern und dem Management bei wichtigen Entscheidungen abstimmen.

Die größte deutsche Buchhandelskette liegt jetzt in Verlagshand. Manche Buchhändler befürchten, dass Herder-Bücher bei Thalia jetzt ganz nach vorne rücken. Ist die Befürchtung berechtigt?Wir haben einzelne Buchhandlungen mit einem ausgeprägten theologischen Sortiment, das halten wir nach wie vor für richtig, weil es die DNA dieser Häuser ist. Herder ist aber auch im politischen Sachbuch, im Kinderbuch, in der Warengruppe Psychologie und im Geschenkbuch tätig und macht in diesen Segmenten – jedenfalls in unserer Wahrnehmung – verlegerisch richtig gute Arbeit. In bestimmten Bereichen arbeiten wir im Category-Management mit Herder zusammen und genau darauf werden wir aufsetzen. Grundsätzlich muss unser Sortiment aber zum Kunden passen und nicht zum Verlag. Darüber gibt es auch im Gesellschafterkreis keine geteilte Meinung.

„Investitionen sind besonders im Omni-Channel-Handel geplant", steht in Ihrer Pressemitteilung. Was steckt dahinter?Der Kunde überlegt heute je nach Einkaufgelegenheit, wo er kauft: stationär, im Internet oder digital. Unsere Kunden sollen wissen, dass sie bei Thalia in allen Darreichungsformen und in allen Kanälen gleichermaßen gut bedient werden, egal welchen Vertriebsweg sie wählen. Das ist unser Anspruch.

280 Filialen betreibt Thalia aktuell. Trotz Ausbau des Digitalgeschäfts sollen es eher mehr statt weniger werden. Warum?
Wir sind felsenfest davon überzeugt, dass der stationäre Buchhandel immer und auf Dauer der wichtigste und der entscheidende Vertriebskanal im Buchhandel sein wird. Heute machen wir 80 Prozent unseres Umsatzes im stationären Buchhandel und 20 Prozent im E-Commerce. Dieses Verhältnis kann sich noch ein wenig verschieben, an der grundsätzlichen Gewichtung wird sich aber nichts ändern. Auch deshalb ist es wichtig, dass wir jetzt Eigentümer haben, die aus der Branche kommen. Wir vier Gesellschafter teilen diese Ansicht nämlich.