Mitarbeiter und Betriebsräte spekulieren

Von LesensArt zurück zu Weltbild?

27. Juli 2015
von Börsenblatt
Die Insolvenz von LesensArt soll ein „abgekartetes Spiel“ gewesen sein: Beschäftigte vermuten, Investor Walter Droege habe sich mit dem Verkauf eines Teils des Filialnetzes von Weltbild plus an einen „Abwickler“ um einen Sozialplan „drücken wollen“. Auch die Betriebsräte von Weltbild und Weltbild plus sowie Verdi-Funktionäre zeigen sich von der Insolvenz wenig überrascht.

„Windige Gestalten", „Strohmänner", „unseriöse Geschäftspraktiken", "LesenArt war bloß eine Scheinfirma, um Personal loszuwerden": Fragt man dieser Tage bei Beschäftigten von LesensArt (früher Weltbild plus) welchen Eindruck LesensArt-Geschäftsführer Rüdiger Wenk und Berater Bernhard Ludwig Winkelhaus hinterlassen haben, hört man Vorwürfe wie diese – oder stößt man auf eine Wand des Schweigens.

„Moralisch stehen Walter Droege und Patrick Hofmann in der Schuld", kommentiert auch Verdi-Gewerkschaftssekretär Thomas Gürlebeck das Aus von LesensArt. Bereits im März hatte Gürlebeck den Verkauf der Filialen an Rüdiger Wenk scharf kritisiert, bezeichnete dessen Sanierungskonzept als „unseriös".

Zurück zu Weltbild plus?

350 Mitarbeiter und 55 Filialen (von ursprünglich 67 übernommenen Standorten) gehören derzeit noch zur Buchhandelskette LesensArt. Die Filialen, die fast alle noch wie ein Weltbild plus-Laden aussehen, brauchen womöglich gar nicht umdekoriert zu werden, heißt es aus Mitarbeiterkreisen.

Der nächste logische Schritt wäre, spekulieren sie, dass Weltbild (Droege-Gruppe) sich die Filialen wieder ohne das Personal zurückhole, also nur die Filetstücke behalte. An ein Aus für die Buchhandlungen will man einfach nicht glauben, obwohl an einigen Standorten bereits Euroshops von Schum zur Zwischenmiete eingezogen sind – denn der Großteil der Mietverträge läuft noch auf Weltbild. Erfahren von der LesensArt-Insolvenz hatten die Gewerkschaftsmitglieder am Donnerstag - als die Nachricht bereits in der Presse zu lesen war.

Verkauf an Rüdiger Wenk: "Es gab keine defizitären Standorte"

„Mit einem vernünftigen Managementkonzept und mit einer Geschäftsführung mit einer Affinität zum Handel wäre man nicht in der jetzigen Situation", heißt es aus Gewerkschaftskreisen. Pikant: Die Gewerkschafter widersprechen der Darstellung, dass Rüdiger Wenk unrentable Filialen von Investor Walter Droege übernommen habe. „Nach der Planinsolvenz von Weltbild gab es keine defizitären Standorte mehr", sagen Arbeitnehmervertreter. Investor Droege habe ein gut bestelltes Unternehmen gekauft, sei aber auf dem besten Weg durch einen rigorosen Sparkurs beim Marketing und Wareneinkauf sowie Entlassungen Weltbild „kaputtzusparen".

Ob das stimmt, und vor allem, ob weitere Personaleinschnitte die richtige Lösung sind, soll am 31. Juli ein Augsburger Gericht (Einigungsstelle) klären. Erstmals hat der zuständige Richter Walter Droege dazu eingeladen – um ihn zu seiner Haltung in Sachen Weltbild Retail und Also Logistik zu befragen.

Ob Droege der Einladung folgt, erscheint aus Sicht des Betriebsrats fraglich. So bleibt die Angst im Unternehmen, ob die Insolvenz von LesensArt nicht doch auf Weltbild zurückschlagen könnte, was das Unternehmen öffentlich stets dementiert.

Weltbild plus: Solidaritätsschreiben an die Kollegen bei LesensArt

Der Betriebsrat von Weltbild plus veröffentlichte am Montag ein Solidaritätsschreiben an die Mitarbeiter von LesensArt. „Auch wir wissen momentan nicht, welche Konsequenzen das derzeitige Geschehen auf unsere Zukunft haben wird und wie sich die noch vorhandenen Verflechtungen zwischen den Unternehmen nun gegebenenfalls auswirken werden", heißt es im Brief.

„Letztendlich geht es auch darum, Aufklärungsarbeit zu leisten und zu verhindern, dass die Verantwortlichen zukünftig die Möglichkeit haben, derart destruktiv und rücksichtslos zu agieren." Der Weltbild plus-Beitriebsrat teile mit den LesensArt-Kollegen „die Sorge um die Zukunft der Arbeitsplätze, den Kampf für die Umsetzung zukunftsfähiger Konzepte und das Beharren auf der Durchsetzung der Arbeitnehmerrechte."