Neue Regionalkrimis

Der Tod lauert überall

4. August 2016
von Sabine Schmidt
Literaturkritiker können Regio-Krimis auf den Tod nicht ausstehen. Aber Leser lieben es, wenn Opfer auf vertrautem Terrain nebenan ins Gras beißen – oder in beliebten Urlaubsregionen.

Im Norden wird schon mal weniger gesprochen, dafür mehr Tee getrunken, und das mit einem Krimi-Personal, das den Fans bestens vertraut ist. In diesem Sommer präsentiert Klaus-Peter Wolf keinen neuen Fall seines ostfriesischen Ermittlerteams, aber es gibt 13 unter anderem ostfriesische Kurzkrimis für zwischendurch, auch mit seiner Serienheldin Ann Kathrin ­Klaasen: "Mord am Deich" (Fischer ­Taschenbuch, 400 S., 9,99 Euro).

Ende September werden Volker Klüpfel und Michael Kobr dann wieder Ansprüche auf die Spitze der Bestsellerlisten anmelden, wenn Kommissar Kluftinger in seinem neunten Allgäu-Krimi ermittelt: "Himmelhorn" (Droemer, 480 S., 19,99 Eu­ro).

In dieser Bestsellerliga spielt Hermann Bauer nicht, aber auch er ist ein Serientäter: "Kostümball" ist sein neunter "Wiener Kaffeehauskrimi" um Oberkellner Leopold. Es ist ein gemütlicher Fall, in dem erst eine Weile über Mord gesprochen wird, bis der Kostümball im Café Heller tatsächlich zur Verbrechenskulisse wird: Der Parfumerzeuger Rainer Kerschbaumer wird erdrosselt aufgefunden. Zur Lektüre gehört ein guter Kaffee und noch etwas Süßes mit Schlagobers (Gmeiner, 277 S., 10,99 Euro).

Deutlich hektischer geht es in Sina Beerwalds "Kräherwald" (Emons, September, 304 S., 11,90 Euro) zu, einem Thriller über eine dauergestresste Journalistin und alleinerziehende Mutter. Eigentlich schreibt die Autorin an der Nordsee Möwen- und Syltkrimis. Mit ihrem "Stuttgart-Thriller" kehrt sie aber in ihre Heimatstadt zurück und erzählt von einem unheimlichen Fall: Eine Leiche wird aus dem Neckar gezogen, die in ein Bettlaken gehüllt und mit Rosenblättern bedeckt ist – offensichtlich hat das junge Mädchen ein langes Martyrium durchlitten.

Stuttgart ist auch der Mordort in Anita Konstandins "Morgen früh, wenn Gott will" (528 S., 14,90 Eu­ro): Bislang hat der Silberburg Verlag noch keine Thriller veröffentlicht, aber hier konnte Verlegerin Christel Werner nicht widerstehen: "Da habe ich schon nach den ersten Seiten eine Gänsehaut bekommen." Kriminalhauptkommis­sarin Corry Voss ermittelt mit Kollegen und einer jungen Staatsanwältin zu einer rosarot gekleideten Leiche im Feuerbacher Wald: Wer ist diese Tote?

Niklas De Jong hat einen nicht gerade vor Glück überschäumenden, aber entspann­ten Alltag. Nachdem seine Liebste ihn verlassen hat, hat er den Polizeidienst geschmissen und widmet sich dem Romanschreiben, stolpert aber natürlich doch über eine Leiche. "Der Tod fährt Rad" (KBV, 280 S., 10,95 Euro) in diesem Fall, denn De Jong ist in Christoph Güskens witzigem Krimi in der Fahrradstadt Münster unterwegs. Der Autor ist bekennender Monty-Python-Fan und der Tote, auf den sein Exkommissar stößt, war nicht nur der Lover seiner Giulia, sondern alberner Comedian, den Güskens genussvoll durch den Kakao zieht.

Aber nicht nur in der Gegenwart wird gemordet, auch historische Krimis sind Umsatzbringer. "FAZ"-Redakteur Til­man Spreckelsen entführt seine Leser in das Husum der 1840er Jahre, und eigentlich könnte auf seinen Büchern "Husum-Krimi" stehen, denn der Ort an der Nordsee mit dem rauen Klima und den engen Gassen spielt eine wichtige Rolle. Stattdessen heißt es "Theodor-Storm-Krimi": Als wenig ambitionierter junger Anwalt wird der spätere Schriftsteller vorgestellt, der umso leidenschaftlicher Spukgeschichten sammelt und durch ­seinen Schreiber immer wieder mit Ver­brechen konfrontiert ist. "Nordseespuk" (Fischer Taschenbuch, 256 S., 9,99 Euro) ist sein zweiter Fall, in dem es nun um eine obskure Sekte geht.