Preis der Stiftung Buchkunst

"69 Hotelzimmer" – ein Buch, das man auch im Dunkeln finden kann

3. September 2015
von Börsenblatt
Das schönste deutsche Buch 2015 ist in der Anderen Bibliothek erschienen: "69 Hotelzimmer" von Michael Glawogger, dem 2014 verstorbenen österreichischen Filmer und Drehbuchautor. Am Abend des 3. September wurde es im Frankfurter Museum Angewandte Kunst (MAK) mit dem Preis der Stiftung Buchkunst (10.000 Euro) ausgezeichnet.

F.A.Z.-Literaturchefin Felicitas von Lovenberg lobte in ihrer Laudatio die perfekte Symbiose von Inhalt und Gestaltung: »Es gibt nicht viele Bücher, die man sogar im Dunkeln finden kann. Michael Glawoggers ›69 Hotelzimmer‹ aber leuchtet Tag und Nacht: Tagsüber schimmert es im satten Orangerot einer untergehenden Sonne, nachts flackern die phosphoreszierenden Lettern auf dem Buchrücken wie der Neonröhren-Schriftzug eines Motels. Wenn man bedenkt, dass Hotels, ganz wie Bücher, 24/7 geöffnet haben, ahnt man schon, wie grandios hier die Gestalt zum Inhalt passt. Denn die 96 Kapitel - eigentlich 95, wie in Hotels gibt es auch hier keine 13 - dieses magischen Buches sind wie gemacht für den Übergang vom Tag zur Nacht, jenen Moment, wo der Reisende sich fragt, wo er wohl an diesem Abend sein müdes Haupt betten wird.«

Karin Schmidt-Friderichs, Vorstandsvorsitzende der Stiftung Buchkunst, über die Juryentscheidung: »Da lag ein Buch auf dem Tisch, das mit wenig Aufwand ein Feuerwerk entzündet. Ein Buch, das auch beim wiederholten Anschauen noch etwas Neues bietet: Denn erst im Laufe des Tages entdeckte ein Juror die Leuchtfarbe, die das Cover nachts (im Falle der Jury: im Schrank!) leuchten lässt. Fünf Juroren heben die Hände und gratulieren ›Der Anderen Bibliothek‹ und Andreas Töpfer, Berlin, der den Band gestaltete sowie Katrin Jacobsen, Berlin, die die Herstellung verantwortete, zu ›69 Hotelzimmer‹ und dem ›Preis der Stiftung Buchkunst‹ 2015!«

Symbiosen von Inhalt und Form

Um das gut gemachte Buch ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit zu lenken, veranstaltet die Stiftung Buchkunst jährlich den Wettbewerb »Schönste deutsche Bücher«. Katharina Hesse, Geschäftsführerin der Stiftung Buchkunst: »Die 25 prämierten Titel – vorbildlich in Gestaltung, Konzeption und Verarbeitung – repräsentieren eine wunderbare Bandbreite buchgestalterischer Möglichkeiten. Genreübergreifende Symbiosen von Inhalt und Form. Die Schönsten deutschen Bücher sind die Fixsterne, an denen sich eine Branche orientieren kann.«

Felix Semmelroth, Kulturdezernent der Stadt Frankfurt, hob die Wichtigkeit der Buchhandlungen hervor: »Deshalb ist ein Plädoyer fürs Buch aber immer auch ein Plädoyer für die Orte, wo diese Bücher, jenseits des privaten Bücherregals im heimischen Wohnzimmer, zu Hause sind – im stationären Buchhandel und in den öffentlichen Bibliotheken.« Zur Zukunft des Mediums sagte Semmelroth: »... Denn das E-Book, da führt der Name in die Irre, ist eben eines nicht – und zwar ist es kein Buch. Damit sei nicht gesagt, dass E-Books per se schlecht und zu verdammen seien. Im Gegenteil, sie haben einige Vorzüge und bieten überdies auch für das klassische Buch eine Chance, insofern es sich nämlich wieder auf seine Stärken besinnt. Meiner persönlichen Wahrnehmung nach achten Verlage mehr und mehr auf das Wie, das heißt: auf eine künstlerisch ansprechende Gestaltung und auf eine qualitativ hochwertige Herstellung.«

Förderpreis für junge Buchgestaltung

Um die Zukunft des Buches zu sichern, braucht es neben klassischen auch innovative Buchkonzepte. 148 kreative Buchideen traten im Wettbewerb um den »Förderpreis für junge Buchgestaltung« an, die das Buch von morgen erahnen lassen. Die drei Sieger freuen sich über je 2.000 Euro.

2015 konkurrierten 756 eingesandte Titel um die Auszeichnung »Schönste deutsche Bücher«. Zwei Expertenjurys wählten die 25 Schönsten in einem aufwändigen Verfahren aus. Im Rahmen der Preisverleihung wurden auch die Macher dieser 25 Schönsten, die bereits im Mai gewählt wurden, gefeiert und gewürdigt.

Bücher gehen auf Tournee

Die prämierten Bücher werden ab sofort auf große Wanderausstellung gehen und an vielen Orten im In- und Ausland zu sehen sein. Den Start machen z.B. die Hamburger Bücherhallen (Vernissage am 8.9.2015) oder die »Tÿpo St. Gallen« in der Schweiz (14. - 26.9.2015). Erstmalig wird die Kollektion der 25 Schönsten dieses Jahr im Literaturhaus Frankfurt, dem neuen Kooperationspartner der Stiftung Buchkunst, präsentiert. Die Eröffnung der dortigen Dauerausstellung und Einweihung der Bücherschau wird am 21.9.2015, um 18:00 Uhr stattfinden.

Gleichzeitig feierte an diesem Abend der Katalog der »Schönsten deutschen Bücher 2015« Premiere, den in diesem Jahr die Agentur Herburg Weiland aus München gestaltet hat.