Preview-Tag bei Bastei Lübbe

Vom "Hauptschulproll" bis zur Historien-Queen

19. Mai 2015
von Sabine Schmidt
Die Menschen hinter den Büchern sichtbar zu machen: Das ist die Idee der Preview-Veranstaltung, mit der Bastei Lübbe seit 2011 punktet. Dieses Mal zeigten sich die Bestsellerautoren Rebecca Gablé und Sebastian Fitzek, "Lindenstraßen"-Star Marie-Luise Marjahn und TV-Psychologin Angelika Kallwass.

"150 Gäste sind gekommen, so viele wie noch nie", freute sich Bastei Lübbe-Vorstand Klaus Kluge. Bevor die Autoren ins Rampenlicht im vollbesetzten Foyer des Kölner Verlags traten, wies er noch auf die digitalen Strategien des Hauses hin. Das traditionelle Buch bleibe der Schwerpunkt, betonte er, aber Bastei Lübbe arbeite weiter an seinem Streaming-Angebot, dem "Netflix fürs Lesen", um so insbesondere junge Kunden abzuholen. Zudem erklärte er, dass der Wunsch vieler Buchhändler nach höheren Preisen im Verlag Gehör finde.

Die Einleitung blieb kurz, dann wurden die Bastei Lübbe-Herbst- und Wintervorschauen 2015/2016 aufgeblättert: von der leichten Unterhaltung im Taschenbuchbereich über anspruchsvollere Literatur bei Eichborn bis zu den politischen Sachbüchern von Quadriga. Als ersten bat Moderator Andreas Grossmann Komiker Johann König auf die Bühne und biss sich an dem hartgesottenen Emotionsverweigerer fast die Zähne aus: dem "Virtuosen des ausschweifenden Minimalismus", wie er gern genannt werde, oder der "depressiven Stimmungskanone". Grossmann kam dennoch ans Ziel – das Publikum zu amüsieren mit dem Ausblick auf Königs Buch: "Kinder sind was Wunderbares. Das muss man sich nur immer wieder sagen".

"Hauptschulproll" und Vorzeigestudent

Es folgte ein junger Autor mit beeindruckender Lebensgeschichte. Yigit Muk wuchs in Neukölln auf und schaffte kaum die Hauptschule, weil er seine ganze Zeit und Energie in eine Straßengang steckte. Der "Hauptschulproll" kriegte aber die Kurve und machte sein Abitur mit dem sagenhaften Durchschnitt von 0,9: Das ist eine Kombination aus den Noten 1 und 1+. Heute studiert er Wirtschaftswissenschaften und sieht sich selbst als Vorbild-"Kanacken" mit klarer Botschaft: dass Jugendliche, insbesondere die mit ausländischen Wurzeln, die sich in Deutschland nicht willkommen fühlen, Perspektiven brauchen, damit sie überhaupt eine Motivation haben zu lernen. Sein Buch "Muksmäuschenschlau" erscheint im Oktober 2015.

Angelika Kallwass erinnerte sich an zwölf Jahre Fernsehen und über 2.000 Sendungen "Zwei bei Kallwass". Vor allem aber sprach die Psychologin über das Thema ihres Buchs, den Tod – "Was am Ende zählt" –, und zeigte, dass sie mit ihrer ruhigen, nachdenklichen Art eine gute Autorin für dieses Thema ist. Ebenfalls ernst gestimmt war "Mutter Beimer": "Lindenstraßen"-Star Marie-Luise Marjahn. Der im Oktober 2014 verstorbene Verleger Stefan Lübbe sei bei einem Spaziergang mit ihr und seiner Frau Birgit auf die Idee zu dem Buch gekommen, sagte sie: Zu ihrem 75. Geburtstag erscheint "Ganz unerwartet anders". Hier erzählt sie davon, dass sie im Alter von einem Jahr adoptiert wurde und erst mit 67 erfuhr, wer ihr leiblicher Vater war und dass sie einen Bruder hat.

Geschichte ohne Ende

Die Bestseller-Highlights kamen zum Schluss: Rebecca Gablé und Sebastian Fitzek. Andreas Großmann führte die Autorin aus Mönchengladbach mit den entsprechenden Zahlen ein: 4,9 Millionen Exemplare wurden bis jetzt von ihren neun historischen Titeln verkauft. Im Herbst erscheint der fünfte Band ihrer eigentlich als Trilogie geplanten Waringham-Saga: Sie sollte mit dem Ende des englischen Mittelalters aufhören, die "Queen des historischen Romans" hat sich aber von ihren Fans zum Weitermachen überreden lassen. Nach dem vierten Band um Heinrich VIII. erscheinen im Herbst 1.000 Seiten über Elisabeth I. und Francis Drake, "Der Palast der Meere" – geschrieben von einer Autorin, die sich nach wie vor von vergangenen Zeiten faszinieren lässt und damit ansteckt.

Ein überzeugender Botschafter seiner Bücher ist auch Sebastian Fitzek. Der Thriller-Autor gab im Gespräch mit Klaus Kluge seinen Zuhörern Einblick in seine Recherchen. Mit dem, was er google, lasse er jeden Serienkiller blass aussehen, meinte er – und erzählte den Zuhörern eine schräge Anekdote aus seinem privaten Leben: Er hat im Internet nach elektronischen Kinder-Fußfesseln gesucht. Mit ihnen wollte er seinen Nachwuchs bei einer Gartenparty vor dem Ertrinken im Teich schützen. In welche Bahnen er seine Fantasien als Autor lenkt, ist im Herbst nachzulesen in dem Thriller "Das Joshua Projekt".

Lektoren werben für "ihre" Bücher

Vor den beiden Bestseller-Highlighs hatte sich noch der britische Thriller-Autor Tony Parssons im Gespräch mit Antje Deistler präsentiert. Eichborn-Cheflektor Dominique Pleimling warb für "Hausfrau", ein Romandebüt, das mit besonderer Protagonistin und besonderer Sprache überzeuge. Und seine Kollegin Bettina Steinhage erinnerte daran, dass sie mit Kündigung gedroht hatte für den Fall, dass Bastei Lübbe nicht die Rechte für Clare Mackintoshs Thrillerdebüt "Meine Seele so kalt" hätte erwerben können.

Die Stars des Quadriga-Herbstprogramms waren, wie die beiden Debütanten, nicht nach Köln gekommen. Sie werden aber ihre Bücher unterstützen, versprach Klaus Kluge: Friedensnobelpreisträger Michael Gorbatschow, der das Phänomen Putin erklärt, und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Es war ein langer, aber kurzweiliger Nachmittag. Am Ende gab es begeisterten Applaus für die Menschen und die Geschichten hinter den Neuerscheinungen – und für die Leidenschaft, mit der sie präsentiert wurden.