Rainer Moritz stellt "Verlags-Monokultur" fest / ZDF widerspricht

"Literarisches Quartett": Hauptsache Kiepenheuer & Witsch?

24. Februar 2016
von Börsenblatt
Eine "seltsame Verlags-Monokultur" wirft Rainer Moritz, Leiter des Hamburger Literaturhauses und Autor, dem "Literarischen Quartett" in der "NZZ" vor. Bei der Gäste- und Titelauswahl werde der Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch eindeutig bevorzugt. Die ZDF-Redaktion, bei der die Verantwortung für die Auswahl der Bücher liegt, macht eine andere Rechnung auf.

Mit Volker Weidermann, Gastgeber des "Literarischen Quartetts", Christine Westermann und Maxim Biller bestehe das Stammtrio aus drei Hausautoren des Kölner Verlags Kiepenheuer & Witsch, schreibt Rainer Moritz in der "Neuen Zürcher Zeitung" von heute. Moritz findet das merkwürdig, "selbst wenn man im dichten Geflecht des Literaturbetriebs dessen Vertretern nicht a piori unlautere Absichten und Vetternwirtschaft unterstellen sollte". Das ZDF möchte diesen Vorwurf so nicht stehen lassen: "Von den festen Mitgliedern des Quartetts ist nur Maxim Biller so etwas wie ein ‚Hausautor' von Kiepenheuer & Witsch, wobei er auch bei anderen Verlagen veröffentlicht. Christine Westermann und Volker Weidermann sind TV- bzw. Zeitungsjournalisten", heißt es auf Anfrage. Der jeweilige Gast der Runde werde nach inhaltlichen Gesichtspunkten ausgewählt.

Die ZDF-Redaktion rund um Daniel Fiedler und Luzia Braun, bei der die Verantwortung für die Auswahl der Bücher liegt, achte auch auf eine Streuung innerhalb der Verlagsszene und rechnet vor, dass von den 16 bislang ausgewählten Büchern (inklusive der Sendung vom 26. Februar) drei vom Fischer Verlag, je zwei von den Verlagen Kiepenheuer & Witsch und Hoffmann & Campe und je ein Buch von Aufbau, Kein & Aber, Blumenbar, Hanser, Suhrkamp, Berlin Verlag, Galiani, Luchterhand und Elfenbein stammen.

In der Sendung vom 26. Februar, auf die Rainer Moritz sich hauptsächlich bezieht, ist Eva Menasse (Autorin bei Kiepenheuer & Witsch) zu Gast, womit für Moritz die Sendung "komplett in Kölner Hand" liegt. Besprochen wird unter anderem "Geteiltes Vergnügen" von Antonia Baum (Hanser Verlag, Baum ist aber Kollegin von Weidermann aus "FAZ"-Zeiten) und Benjamin von Stuckrad-Barres "Panikherz" (Kiepenheuer & Witsch).

Alle Bücher der Sendung vom 26. Februar (23.25 Uhr, ZDF):

Benjamin von Stuckrad-Barre: „Panikherz" (Kiepenheuer & Witsch) Antonia Baum: „Tony Soprano stirbt nicht" (Hoffmann und Campe) Anthony Powell: „Eine Frage der Erziehung" (Elfenbein Verlag) Etgar Keret: „Die sieben guten Jahre – Mein Leben als Vater und Sohn" (S. Fischer)

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