Rhetoriktipps

Sei lieber authentisch als eine Rampensau

20. November 2015
von Börsenblatt
Die richtigen Worte zu finden, ist entscheidend: in Vorträgen wie in Vorstellungsgesprächen. Matthias Nöllke hat in seinem Buch "Starke Worte" dafür Rhetoriktipps parat, mit denen man auch ein bisschen schüchtern bleiben darf.

Reden ist Silber, gut Reden ist Gold – und das ist nicht nur kostbar, sondern rar: Auf den Punkt zu kommen und zu überzeugen bei einem einstündigen Vortrag oder bei Mitarbeitergesprächen ist eine Herausforderung, die längst nicht immer gemeistert wird. Geht es doch darum, das Gegenüber wirklich zu erreichen, zu überzeugen oder auch anzuregen, ein Produkt, eine Leistung zu kaufen.

Ob man vor Charme sprüht oder eher der trockene Typ ist, wird einem in die Wiege gelegt. Aber wie damit umzugehen ist, kann man lernen – und nachlesen, unter anderem in Matthias Nöllkes neuem Buch "Starke Worte" (C. H. Beck). Es hat allerdings eine Schwachstelle: den Untertitel "Einfach eine gute Rede halten". Denn einfach ist es nicht, schon gar nicht für jene – und das dürften viele sein –, die Lampenfieber ­haben, wenn sie vor eine Gruppe treten, um aktuelle Unternehmenszahlen vorzustellen, oder wenn sie im Kunden­gespräch ein neues Produkt erklären wollen. Die Psyche muss mitspielen, und selbst – oder gerade – ein Minivortrag von zwei Minuten braucht Vorbereitung.

Nöllkes vielleicht wichtigster Tipp ist, dass jeder Redner bei sich selbst bleiben sollte: Ein Schüchterner muss nicht zur Rampensau mutieren. Er kann zwar lernen, sich eine Maske aufzusetzen, wird aber nicht authentisch wirken. Man muss aber auch gar nicht so reden wie andere, nur die eigene Form finden. "Eine gute Rede gelingt Ihnen vor allem dann, wenn Sie Ihre besonderen Qualitäten nutzen", betont Nöllke.

Wichtig ist, das Reden zu trainieren. Für einen Vortrag sollte man im Vorfeld schon mal im Stehen – laut – sprechen und sich das Publikum vorstellen. Ebenso hilft es, Kunden­gespräche zu üben und sich zu überlegen, was man sagen will. Vor allem aber weist Nöllke darauf hin, dass es bei aller Liebe zur unterhaltsamen Verpackung um die Inhalte geht, die man vermitteln will. Körpersprache, Mimik, Lautstärke spielen eine Rolle, aber "nur" als Mittel zum Zweck.

Die zentrale Frage bleibt, worum es gehen soll: Was ist mein Thema und was genau will ich erreichen? Dann ist wichtig, wie man anfängt und aufhört – und wie lange man spricht. Für einen Vortrag sollte man sich an die vorgegebene Zeit halten. Wer überzieht, kommt in der Regel weder beim Veranstalter noch beim Publikum an. Eine Rede zum Firmenjubiläum darf sich dem Mitarbeiter nicht ausufernd, aber gern mehr als zwei Minuten widmen, das hat er sich verdient.

Mit entsprechender Vorbereitung darf man auch ein bisschen schüchtern sein und kann sein Gegenüber mit guten Argumenten dennoch überzeugen. Das muss nicht heißen, einen vorgeschriebenen Text Wort für Wort abzulesen, im Gegenteil: "Eine gute Vorbereitung macht uns flexibel, eröffnet uns Spielräume, gibt uns Rückhalt, wenn es wieder einmal ganz anders kommt, als wir es geplant hatten", weiß Nöllke.

Er schreibt klar und strukturiert, bleibt nah an der Praxis und verweist auf Beispielreden auf YouTube, von denen man lernen kann. Der erfahrene Redner ist ein guter Begleiter auf dem Weg zu den starken, zu den goldenen Worten.