Service im Buchhandel

Mobiles Netz für Kunden?

9. September 2015
von Gerd Schild
WLAN-Service ist in der Hotellerie längst Standard – aber im Buchhandel noch eher die Ausnahme: ein Blick auf das Pro & Kontra.

In Deutschland gibt es nach Angaben des Verbands der deutschen Internetwirtschaft knapp 250 Millionen WLAN-fähige Endgeräte: Smartphones und Notebooks, aber auch Heimrouter oder Wearables – tragbare Geräte, die Körperdaten messen. Trotzdem ist Deutschland kein WLAN-Land, denn die Versorgung mit offenen Hotspots, über die sich die mobilen Begleiter jederzeit mit dem Internet verbinden können, gilt im internationalen Vergleich als unterdurchschnittlich.

Das liegt zum einen an schlechten Internetverbindungen in ländlichen Gebieten, wo das Surfen im Internet nur langsam vorangeht, zum anderen aber auch an der sogenannten Störerhaftung: Aus Angst vor den rechtlichen Folgen, etwa weil ein Nutzer urheberrechtlich geschützte Inhalte wild verteilt, beschränken Anbieter die offene Nutzung ihrer Drahtlosanbindung ans Web. Entsprechend niedrig ist hierzulande die Hotspot-Dichte. In Südkorea etwa gibt es 37 Hotspots pro 10.000 Einwohner, in Großbritannien 28 – in Deutschland weniger als zwei.

Buchhändler und WLAN: Ja oder nein?

Für den Buchhandel, wie für andere Handelssparten auch, ist der mobile ­Internetzugang via Funk trotzdem schon mehr als eine unbedeutende Nebensache – nicht zuletzt aufgrund der wachsenden Nachfrage nach E-Books. Fünf Beispiele:

Alles anonym: Buchhandlung Braunbarth in Bruchsal
Bernd Braunbarth bietet seinen Kunden in Bruchsaal seit zwei Jahren WLAN an – kostenlos und unbegrenzt. "Wir wollten diesen zusätzlichen Service bieten", sagt Braunbarth. Der Buchhändler nutzt den Dienstleister "Sorglos Internet", der damit wirbt, seinen Kunden WLAN ohne Abmahnsorgen zu bieten. Dies geschieht über einen sogenannten VPN-Tunnel. Die Nutzer, etwa in Buchhandlungen, Ferienwohnungen oder Cafés sind auf diese Weise mit der IP-Kennung des Dienstleisters im Netz unterwegs – also anonym.

Auch vor der Störerhaftung muss Braunbarth so keine Angst haben. Er könnte den Kunden auch einen Zugang ganz ohne Kennwort anbieten. Hier denkt der Buchhändler aber eher an die Kunden: Die sollen nicht ungeschützt in ein offenes Netz gehen. Die Zugangsdaten finden sich auf einem Plakat in der Buchhandlung. "Wir wollten die Arbeit damit bewusst gering halten", sagt Braunbarth.

Gibt’s nicht? Geht auch: Buchhandlung Holzapfel in Berlin
Sabine Hansen verkauft in Berlin Zehlendorf auf 34 Quadratmetern. Ihre Buchhandlung Holzapfel ist ein Ort zum Verweilen, aber eine Lounge, in der Menschen dann Zeit verbringen und per WLAN ins Internet gehen, die gibt es bei Hansen nicht. Hansen sieht dafür auch keinen Bedarf. Die eBooks könnten sich die Kunden ja Zuhause herunterladen. Und: "Ich glaube, die Leute hier in Berlin sind auch mal ganz froh, kein WLAN zu haben", sagt Hansen, und lacht.

Mal so, mal so: Buchhandlung Schöningh
Manche Buchhändler arbeiten auch mit unterschiedlichen Modellen. Die Buchhandlung Schöningh in Bayern etwa hat in einigen Filialen kein WLAN für Kunden. Im fränkischen Kitzingen aber bietet das Unternehmen über einen Hot Spot eine halbe Stunde lang kostenloses WLAN für Kunden an.

Zwei Netze sind besser als eins (1): Buchhandlung Stöppel in Weilheim
Die Buchhandlung Stöppel ermöglicht ihren E-Book-Kunden schon länger den Download von E-Books per WLAN im Laden, wie Mitinhaberin Astrid Stöppel sagt; seit 2014 gibt es zudem ein Gäste-WLAN – über das Kunden kostenfrei im Internet surfen können. Das System läuft über einen anderen Anbieter und ist völlig getrennt vom System der Buchhandlung. "Wir werden das auch jetzt zum Schulanfang wieder bewerben", sagt Astrid Stöppel. Bei Stöppel muss kein Kennwort oder eine ähnliche Hürde genommen werden. So soll das selbst schon wartenden Kunden im Kassenbereich die Möglichkeit geben, mal eben schnell ins Netz zu gehen. Das Angebot werde gut angenommen, sagt Stöppel.

Zwei Netze sind besser als eins (2): Thalia
In den meisten Thalia-Filialen gibt es zwei WLAN-Angebote für Kunden. Über das hausinterne "eReading WLAN" kann man kostenlos E-Books herunterladen. Der WLAN-Zugriff ist jedoch begrenzt für die Nutzung der Thalia Services, um das Unternehmen vor Missbrauch zu schützen. In den meisten Filialen gibt es zudem Hot Spots der Telekom, mit denen sich Tolino eReader verbinden, wenn die WLAN-Funktion angeschaltet ist.

Bei Thalia sieht man den WLAN-Zugang als obligatorisch, um den Tolino mit allen Funktionen präsentieren zu können und auch, damit die Mitarbeiter Kunden beim Einrichten oder Herunterladen eines eBooks helfen können.

WLAN-Nutzung in Deutschland
Weniger als die Hälfte der Internetnutzer in Deutschland gehen außerhalb ihres Zuhauses per WLAN ins Internet. Das hat der Telekommunikationsverband Bitkom in einer aktuellen Umfrage ermittelt. "Öffentliche WLAN-Zugänge fristen in Deutschland ein Nischendasein", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.

Die Einwahl über UMTS oder LTE ist deutlich beliebter. Die Nutzer begründeten dies meist mit komplizierten Anmeldeprozessen oder der geringen Verfügbarkeit von WLAN-Zugängen. Trotz eigentlich guter Internetversorgung bremse das geringe Angebot die digitale Entwicklung in Deutschland, so Rohleder. Ein Grund dafür sei die restriktive gesetzlichen Haftungsregel, die potenzielle Hotspot-Betreibe abschrecken würde.

Das Problem der Störerhaftung
Die Versorgung mit schnellem Internet ist ein großes Problem – für Privathaushalte genauso wie für Gewerbetreibende. Ein ebenso großes Problem ist aber die Störerhaftung. Hinter dieser seltsamen Wortschöpfung verbirgt sich eine große rechtliche Unsicherheit. Im Mai 2010 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Anbieter eines ungesicherten oder schlecht gesicherten WLAN-Netzes von der Störerhaftung betroffen ist. Abmahnungen und Geldbußen können die Folge sein, wenn etwa jemand über den nicht ausreichend geschützten WLAN-Zugang illegal Musik herunterlädt.

Die Störerhaftung soll der Bekämpfung von illegalen Downloads und anderen Straftaten via Internet dienen. Sie regelt, dass, wenn der eigentlich Täter nicht gefunden werden kann, dann der Bereitsteller des Internetzugangs haftet – also etwa die Buchhandlung, die den Kunden den Weg ins Internet erleichtern will und sich mit dem Angebot mehr Laufkundschaft erhofft.

Ein neues Gesetz für mehr Rechtssicherheit?
Im März veröffentlichte das Bundeswirtschaftsministerium einen Gesetzentwurf, der Änderungen am Telemediengesetz einleiten sollte. Minister Gabriel erwartete sich einen "Schub" für die deutsche Digitalinfrastruktur. "In Deutschland sollen Flughäfen, Cafés oder auch Rathäuser und Bibliotheken künftig rechtssicher kostenloses WLAN anbieten können", sagte er.

Der monatelang verhandelte Entwurf sah vor, Geschäftsbetreiber eine gewisse Sicherheit zu geben, ohne die Störerhaftung vollends abzuschaffen. Der erste Entwurf erntete harsche Kritik von vielen Verbänden und Initiativen. Die Bundesregierung hat den Entwurf dann im Juni in zentralen Punkten modifiziert.

Die EU wird das Gesetz in den nächsten Monaten prüfen, erst dann kann es zur Abstimmung in den Bundestag. Eine Unterscheidung etwa zwischen privaten und gewerbsmäßigen Anbieter fällt nun weg. Auch die viel kritisierte Verschlüsselungspflicht ist nun nicht mehr enthalten. Im Gesetzestext werden aber immer noch "angemessene Sicherungsmaßnahmen" von Anbietern gefordert. Für Initiativen wie Freifunk ist dies keine wirkliche Verbesserung. "Wie man in Deutschland rechtssicher offenes WLAN anbieten kann, bleibt leider weiterhin völlig unklar", heißt es bei dem Netzwerk.

Freifunk schafft, vereinfacht gesagt, mit vielen privaten WLAN-Routern ein eigenes Netz. Mitmachen ist einfach: Man braucht nur eine der Router genannten Sendestationen und die Software, die es kostenlos im Internet gibt. Dann stellt man als Freifunker sein lokales Funknetzwerk anderen zur Verfügung. Machen das ausreichend viele Menschen, entsteht ein flächendeckendes Netz.

Kurz erklärt: WLAN/Hotspots für Unternehmen

Ein WLAN ist ein kabelloses lokales Netzwerk für den mobilen Zugang zum Web (Wireless Local Area Network), ein Funknetz also. Der Begriff wird häufig auch synonym mit Wi-Fi benutzt (Wireless Fidelity).

Das macht man mit WLAN:
Hat sich der Nutzer etwa mit seinem Computer eingewählt, ist er kabellos online. Wer das mit einem internetfähigen Handy macht, verbraucht nichts vom meist vertraglich begrenzten Datenvolumen und surft in der Regel schneller als über das Mobilfunknetz. Auch andere Endgeräte wie Drucker können über das Drahtlosnetzwerk angesteuert werden.

Das braucht man für WLAN: einen Internetanschluss, einen WLAN-Router (Sendestation) und ein Endgerät mit WLAN-Karte (in den meisten Laptops und Mobiltelefonen integriert). Wer seinen Kunden WLAN offerieren möchte, muss sich einen Hotspot im Laden einrichten.

WLAN in Unternehmen:

Viele Dienstleister bieten kleinen und mittleren Unternehmen Hot Spots an. Die Telekom etwa nutzt bei den "Wirtschaftswunderpaketen" vorhandene Anschlüsse der Unternehmen. Es wird lediglich mit einem eigenen Router gearbeitet, der die Daten dann über das Rechenzentrum der Telekom abwickelt. Diese Vorgehensweise gibt es auch bei anderen Anbietern wie Kabel Deutschland. Vorteil: Firmen müssen sich nicht um Haftungsfragen kümmern. Die Preise für solche Angebote variieren und sind auch abhängig etwa von Anschlussgeschwindigkeiten. Bei der Telekom kostet die Hardware einmalig etwa 100 Euro, bei monatlichen Kosten von 39 Euro und einer Laufzeit von mindestens zwei Jahren. Bei kleineren Anbietern wie Sorglos Internet sind Preise von rund 15 Euro monatlich möglich.