Studien

Der Sarrazin-Effekt

26. September 2011
von Börsenblatt
Belletristik und Ratgeber verlieren, Sachbücher holen weiter auf. Eine neue Studie des Börsenvereins analysiert die Umsatzverteilung und -entwicklung in den drei wichtigsten Warengruppen des Publikumsmarkts vom September 2010 bis August 2011.

Kurz vor Beginn der Frankfurter Buchmesse hat Media Control GfK International im Auftrag des Börsenvereins einen Blick auf die vergangenen zwölf Monate geworfen (September 2010 bis August 2011). Die Marktforscher analysieren die Verkäufe in den Vertriebskanälen Sortiment, E-Commerce und Warenhaus – und kommen dabei zu dem Schluss: Sachbücher setzen ihren Höhenflug fort, legen sogar zweistellig um satte 16,3 Prozent zu. In der Belletristik und bei Ratgebern herrscht indessen Flaute; der Umsatz mit Literatur sank im Jahreslauf um  3,3 Prozent, für Ratgeber ging es 3,5 Prozent abwärts.

Der Sarrazin-Effekt wirkt offensichtlich bis heute: "Deutschland schafft sich ab" von Thilo Sarrazin (DVA) ist laut Media Control das meistverkaufte Sachbuch seit September 2010 – also seit seinem Erscheinungstermin; ausgeliefert wurden laut Verlag bislang rund 1,3 Millionen Exemplare. Auf Platz 2 rangiert der TV-Wissenschaftler Ranga Yogeshwar ("Ach so!", Kiepenheuer & Witsch), auf Platz 3 eine Streitschrift aus Frankreich, Stéphane Hessels "Empört euch!" (Ullstein).

Dass das Segment Politik, Gesellschaft, Wirtschaft innerhalb der Warengruppe besonders deutlich zulegte, ist da kaum überraschend. Denn Tatsache ist: Anfang September 2010, als die Sarrazin-Debatte anfing, entfielen noch 32 Prozent des Sachbuch-Umsatzes auf dieses Segment, mittlerweile sind es 37,9 Prozent (siehe Grafik).

Öffentliche Erregung hin, Aufklärung her: Unterm Strich, das heißt mit Blick auf den Gesamtumsatz, der in den von Media Control untersuchten Vertriebskanälen erwirtschaftet wird, bleiben Sachbücher sowohl hinter der Belletristik als auch hinter Ratgebern zurück. Sachbücher kommen derzeit auf einen Umsatzanteil von 11,6 Prozent, Ratgeber schaffen 15 Prozent und Belletristik 37,3 Prozent.

Topseller des vergangenen Jahres: In der Belletristik war alles Unterhaltende Trumpf – vor allem "Sturz der Titanen" von Ken Follett (Bastei Lübbe; Top 1), "Schändung" von Jussi Adler-Olsen (dtv) und "Das andere Kind" von Charlotte Link (Blanvalet).

Bei den Ratgebern lagen Lebensberichte vorn – Walter Kohls "Leben oder gelebt werden" (Integral; Top 1) sowie Margot Käßmanns Titel "In der Mitte des Lebens" (Herder) und "Sehnsucht nach Leben" (Adeo).

Tamara Weise

Die drei Grafiken zeigen die Umsatzverteilung und -entwicklung von September 2010 bis August 2011 für die jeweils genannte Warengruppe.