Ulrike Ottinger hat entschieden

Kleist-Preis 2016 geht an Yoko Tawada

1. Juni 2016
von Börsenblatt
Die in Berlin lebende Schriftstellerin Yoko Tawada erhält den mit 20.000 Euro dotierten Kleist-Preis 2016 der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft. Das hat die Filmkünstlerin und Autorin Ulrike Ottinger als von der Jury gewählte Vertrauensperson bestimmt. Die Preisverleihung findet am 20. November in Berlin statt.

Die in Japan geborene Schriftstellerin Yoko Tawada, die in Berlin lebt, schreibt seit den 1980er Jahren in deutscher Sprache (daneben existiert ein eigenes Werk in japanischer Sprache). In Gedichten, Romanen, Prosa, Theaterstücken und Essays habe Tawada eine ganz originäre Schreibweise entwickelt, in der Motive wie Fremdheit und Übersetzung in subtilen Sprachspielen entfaltet werden ("Wo Europa anfängt", 1991; "Überseezungen", 2002), so die Presseinformation der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft. Die Sprache ihrer Lyrik und Prosa sei von großer Schönheit und erotischer Spannung ("Das nackte Auge", 2004; "Aber die Mandarinen müssen heute abend noch geraubt werden", 1997; "Opium für Ovid. Ein Kopfkissenbuch für 22 Frauen", 2000). Ihre Theaterstücke sind zumeist mehrsprachige, interkulturelle Projekte, in denen die Wechselbeziehung zwischen Europa und Orient/Asien neu vermessen bzw. buchstäblich entstellt wird (z.B. "Orpheus oder Izanagi – Till", 1998), so die Mitteilung weiter.

Tawadas Werk ist bereits mehrfach ausgezeichnet worden, etwa durch den Adelbert-von-Chamisso-Preis, die Goethe-Medaille, den Murasaki-Shikibu-Literaturpreis.

Der Kleist-Preis wird Yoko Tawada am 20. November in Berlin während einer Matinée im Berliner Ensemble übergeben, die Claus Peymann arrangieren wird. Die Laudatio hält die Filmkünstlerin, Malerin, Fotografin und Autorin Ulrike Ottinger. Sie hat – als von der Jury der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft gewählte Vertrauensperson – Yoko Tawada in alleiniger Verantwortung, der Tradition des Kleist-Preises gemäß, zur Preisträgerin bestimmt.

Die Jury des Kleist-Preises bestand diesmal aus Günter Blamberger (Universität zu Köln), Florian Borchmeyer (Dramaturg Schaubühne Berlin), Gabriele Brandstetter (Freie Universität Berlin), Wolfgang de Bruyn (Kleist-Museum Frankfurt/Oder), Michael Maar (freier Autor), Ina Hartwig (Literaturkritikerin) und Sigrid Weigel (Zentrum für Literaturforschung Berlin).

Zum Preis

Der Kleist-Preis ist mit 20.000 Euro dotiert. Das Preisgeld geben die Verlagsgruppe Georg
von Holtzbrinck, der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie die Ministerien für Wissenschaft, Forschung und Kultur der Länder Berlin und Brandenburg.

Der Kleist-Preis hat eine lange Tradition. In den 1910er und 20er wurden u.a. Hans Henny Jahnn, Bertolt Brecht, Robert Musil oder Anna Seghers ausgezeichnet. Nach der Wiederbegründung des Preises 1985 hießen die Preisträger u.a. Alexander Kluge, Thomas Brasch, Heiner Müller, Ernst Jandl, Monika Maron, Herta Müller, Hans Joachim Schädlich, Martin Mosebach, Gert Jonke, Daniel Kehlmann, Wilhelm Genazino, Arnold Stadler, Sibylle Lewitscharoff, Navid Kermani, Marcel Beyer und zuletzt Monika Rinck.

Die Preisverleihung 2016 beschließt eine Internationale Jahrestagung der Heinrich-von-Kleist Gesellschaft zu Kleists Shakespeare-Rezeption, die vom 17.−19. November im Literarischen Colloquium Berlin stattfinden wird.