Was Buchhandlungen, Blogger und Verlage für Flüchtlinge tun

Hier wird geholfen!

8. September 2015
von Börsenblatt
Womit kann die Buchbranche Flüchtlinge unterstützen? Ganz einfach: mit Büchern. Denn Bücher können Türöffner in eine neue Welt sein – und Brücken in die alte Heimat schlagen. Ein erster Überblick über Hilfsaktionen, die Buchhandlungen, Verlage und Blogger für Flüchtlinge auf den Weg bringen. Dabei geht es vor allem um Lesestoff und Geldspenden, aber auch um Arbeitszeit und Lippenstifte.

"Bücher sagen Willkommen"

Unter diesem Motto haben Börsenverein, Frankfurter Buchmesse und LitCam zum Weltbildungstag am 8. September eine branchenweite Initiative ins Leben gerufen. Flüchtlinge sollen schnellen Zugang zu Lern- und Lesematerial erhalten; in der unmittelbaren Umgebung von Flüchtlingsunterkünften werden deshalb Lese- und Lernecken durch die LitCam eingerichtet. Pilotprojekt ist eine Einrichtung für unbegleitete Jugendliche im Frankfurter Gallusviertel. Außerdem bietet die Frankfurter Buchmesse kostenlose Eintrittskarten und Veranstaltungen für Flüchtlinge auf der Messe an. Buchhandlungen, Verlage und Leser können sich unkompliziert an der Spendensammlung beteiligen. Mehr dazu hier.

Die Kölner ABC-Kiste

Neun Kölner Buchhandlungen machen bei der Initiative "ABC-Kiste" mit. Kunden können verschiedene Wörterbücher kaufen, die dann von ehrenamtlichen Helfern der "ABC-Kiste" abgeholt und verteilt werden. Im Buchladen Neusser Straße ist die Spendenkiste direkt an der Kasse platziert. Seit Weihnachten hat Inhaberin Dorothee Junck 272 von Kunden erworbene Exemplare weitergeben können – und selbst einige Bücher gespendet. Ein Video zeigt, wie’s funktioniert. Zur Website der "ABC-Kiste" geht's hier.

Gebrauchtbuch-Aktion in Würzburg

In Würzburg stemmen vier unabhängige Buchhandlungen (Schöningh, Knodt, Neuer Weg, Dreizehneinhalb) nicht nur die gemeinsame Veranstaltung "Würzburg liest ein Buch", sondern auch ein Hilfsprojekt: Im Frühjahr wurden Kunden darum gebeten, gebrauchte Wörterbücher abzugeben. Die Würzburger spendeten tütenweise, ums Verteilen kümmerte sich die Stadtbücherei. Die Aktion sei sehr erfolgreich gewesen und wirke immer noch nach, berichtet Ulla Rottmann von der Buchhandlung Dreizehneinhalb.

Spendenfreudiges Carlsen-Team

In Hamburg gewährt der Carlsen Verlag jedem Mitarbeiter drei bezahlte Arbeitsstunden, um Flüchtlingshilfe zu leisten. Außerdem hat die Carlsen-Crew im Verlagsfoyer Kleidung, Spielzeug und Hygieneartikel zusammengetragen und zu einer zentralen Sammelstelle gebracht. Und auf jeden Euro, den Mitarbeiter spenden, legt der Verlag einen weiteren obendrauf. Ein Teil der fünfstelligen Summe, die Carlsen immer zum Jahreswechsel für einen guten Zweck stiftet, wurde vorgezogen und bereits an "Refugees welcome" überwiesen.

Großaktion bei Hugendubel

Auch der Münchner Filialist will helfen und stellt regionalen Organisationen wie dem Flüchtlingsrat Leipzig oder der Flüchtlingshilfe Langenfeld 30.000 Produkte zur Verfügung, darunter Notizbücher, Kinderbücher, Spielzeug, Bildwörterbücher sowie Wörterbücher. Ab sofort können auch Hugendubel-Kunden eine Auswahl der genannten Artikel in zahlreichen Filialen kaufen und sofort vor Ort spenden. Hugendubel sammelt die Spenden und reicht diese dann an die regionalen Hilfsorganisationen weiter. Das Unternehmen will dabei nach eigenen Angaben keinen Gewinn erwirtschaften, sondern die eingenommene Marge zum Ende der Aktion als Sachspende bereitstellen.

Raritäten-Versteigerung bei Hoffmann

Die Buchhandlung Hoffmann in Achim versteigert drei signierte Sonderausgaben eines Kurzkrimis von Klaus-Peter Wolf ("Das ostfriesische Ritual")  – es handelt sich um Sonderdrucke, die zum 175-jährigen Jubiläum der Sparkasse Norden-Aurich angefertig wurden und sonst nicht im Buchhandel zu haben sind. Der Autor unterstützt die Aktion, schenkte der Buchhandlung die drei Exemplare. Inhaber Veit Hoffmann will den Erlös aus der Versteigerung an die Flüchtlingshilfe der Bürgerstiftung Achim überweisen. Wer den Zuschlag bekommt, entscheidet sich am 15. September.

Kosmetiktüten bei Starick

In Berlin dient die Buchhandlung Starick als Sammelstelle für Kosmetik und Hygieneartikel. Zum Geburtstag hatte sich die Berliner Buchhändlerin Margrit Starick keine Geschenke, sondern Spenden für Flüchtlinge gewünscht – und über einige Ecken kam der Kontakt zu Flüchtlingsbeauftragten und Helfern zustande. Bei Gesprächen stellte sich heraus, dass es Frauen in Flüchtlingsheimen an Hygieneartikeln und Kosmetika fehlt: "Mal ein Deo, ein Lippenstift, ein Duft, das gibt Frauen ein ganz anderes Selbstbewusstsein", so Starick. Kurzerhand informierte sie im Newsletter der Buchhandlung die Kunden darüber, und: "Unsere Kundinnen nehmen regen Anteil, immer wieder kaufen sie eigens dafür ein und geben die Tüten bei uns ab."

Langenscheidt grüßt auf Arabisch

Damit sich Flüchtlinge und Helfer besser verständigen können, stellt Langenscheidt sein Online-Wörterbuch Deutsch-Arabisch zur Verfügung - kostenlos, ohne Login und mit Aussprachehilfe unter langenscheidt.com. Die 25 meistgesuchten Begriffe veröffentlichte der Verlag vor kurzem auf Facebook; freundliche Begrüßungsworte führen die Liste an. Nur Platz 23, der Aal, verwundert an dieser Stelle. Aber das ist wohl der Tatsache geschuldet, dass viele das Wörterbuch ausprobieren wollen – und "Aal" der erste Eintrag ist.

Blogger helfen gemeinsam

Ganz nach dem Motto "Tu Gutes und rede darüber" haben sich zahlreiche Blogger im Netz zusammengefunden, um Flüchtlingen den Start in Deutschland zu erleichtern. Nicht mal einen Monat ist es her, dass die Blogger und Initiatoren Nico Lumma, Stevan Paul, Karla Paul und Paul Huizing die Kampagne "Blogger für Flüchtlinge – Menschen für Menschen" ins Leben riefen und ihre schreibenden Kollegen dazu aufforderten, ebenfalls zu helfen und darüber zu berichten. Der erhoffte Schneeballeffekt hat sich eingestellt: Seit dem Start der Initiative sind bereits mehr als 100 000 Euro eingegangen. Außerdem beteiligen sich längst auch Verlage und Privatpersonen an der unbürokratischen Flüchtlingshilfe. Geldspenden werden hier entgegengenommen.

Stemmen Sie auch eine Hilfsaktion? Dann schreiben Sie einen Kommentar zur Meldung - oder eine Mail an boersenblatt@mvb-online.de.