Wie die Bücher ins Sortiment kommen

Von den Mühen des Vertriebs

8. April 2015
von Börsenblatt
Der Autor hat sein Können ins Manuskript investiert, die Verlegerin ist davon überzeugt, dass sein Buch außergewöhnlich lesenswert ist. Ihre Mitarbeiter legen sich ins Zeug – und doch schafft es das Werk nicht in den Buchhandel. Hier kommen ein paar Ideen, um im Sortiment und beim Kunden besser anzukommen. Von Sabine Schmidt.

Inhalt ist nicht alles

Vielleicht ist das Thema schon abgehakt, die Zielgruppe zu klein, das Cover zu sperrig: "Es muss nicht am Werk liegen", sagt die Schweinfurter Buchhändlerin Franziska Bickel: Es geht nicht nur um Inhalt und Form, sondern auch um den Aufwand, um Zeit und Geld. Bickel geht mit dem Warenaspekt ihrer Arbeit offensiv um, weil sie hier viel Verbesserungspotenzial sieht. Sie empfängt im Frühjahr, wenn Kalender dabei sind, 88 Vertreter, im Sommer 80, die etwa 800 Verlagsprogramme vorstellen – allein das kostet viel Zeit. "Beim Einkauf achte ich darauf, dass das Handling gut strukturiert ist", erklärt sie. "Dazu gehört, dass ich nicht ein Buch von einem Verlag auf eine Rechnung in einem Päckchen an einem Tag bekomme und vier Tage später das nächste" – Versand- und Rechnungsbündelung sind für sie unabdingbar. Im Zweifelsfall verzichtet sie auf Titel, die sie eigentlich interessant findet: "Ich möchte schöne Bücher verkaufen. Ich möchte sie aber auch zu sinnvollen Konditionen beziehen."

Kräfte bündeln

"Was als Verkaufsstrategie für den einen Verlag oder den einen Buchhändler funktioniert, klappt beim nächsten noch lange nicht", meint Alexander Elspas, dessen Augsburger Büro unterschiedliche Verlage vom Konzern bis zum unabhängigen Kinderbuchverlag unterstützt. Teil seiner Vertriebsarbeit ist die Optimierung der Distribution. "Unser Ansatz ist es, in einem ständigen Dialog mit dem Handel punktgenau über die Neu­erscheinungen unserer Verlage und über aktuelle Titel in den Medien zu informieren."
Der gemeinsame vertriebliche Auftritt der Verlage soll nicht zuletzt auch deren Wahrnehmung im Buchhandel vergrößern, ganz unabhängig von der jeweiligen Auslieferung und Fakturgemeinschaft. Eine solche bietet Prolit, doch das Angebot geht darüber hinaus. "Unsere Partnerbuchhandlungen verpflichten sich, die Vertreter unserer Verlage zu empfangen. Im Gegenzug bieten die Verlage ihnen im Rahmen unseres Partnerprogramms besondere Konditionen an", sagt Geschäftsführer Klaus Hassler. "Zudem machen wir auf erfolgreiche ­Titel der Indie-Verlage gesondert aufmerksam." Seine Verlagskunden konnten ihren Umsatz im stationären Buchhandel steigern, wie Hassler versichert.

Partnerschaften eingehen

Der Ch. Links Verlag setzt auf die Zusammenarbeit mit Prolit und ist damit sehr zufrieden. Dennoch schlugen die Vertreter vor einigen Jahren Alarm. "Sie hatten zunehmend Mühe, unsere Titel im Buchhandel unterzubringen", erinnert sich Vertriebsleiter Benjamin Liebhäuser. "Oft waren Buchhändler an einem Titel interessiert, aber unsicher, ob sie ihn verkaufen könnten. Wenn sie nicht konkret mindestens zwei, drei Kunden im Sinn hatten, haben sie es gelassen." Der direkte Onlineverkauf ist für ihn keine Alternative. Kunden, die den Warenkorb auf der Homepage des Ch. Links Verlags an­klicken, werden zu Buchhandlungen in ihrer Nähe weitergeleitet. Benjamin Liebhäuser legt großen Wert auf den ­stationären Buchhandel, und um ihn (zurück-)zugewinnen, setzte er sich 2012 ins Auto, fuhr durch Deutschland und bot Buchhändlern ein Kommissions­modell an. "Inzwischen machen 214 Buchhandlungen mit", berichtet er, "weitere sind stets willkommen." Jeder dieser Partner nimmt je 30 Titel in Kommission. "Bücher verstauben so nicht im Lager und der Händler muss nur die ­Exemplare bezahlen, die er verkauft hat." Zudem ist man so miteinander in Kontakt und kann auch über Cover und andere Themen sprechen, zu denen Buchhändler viel sagen können, weil sie den direkten Kontakt zum Kunden haben.



Handel und Handling

Müssten aber nicht gerade unabhängige Buchhandlungen sich für unabhängige Verlage starkmachen? "Viele Buchhändler begegnen Indie-Verlagen mit großem Wohlwollen. Ihre Bücher liegen uns am Herzen und wir profilieren uns ja auch mit ihren Titeln, mit dem Besonderen abseits der Stapelware", sagt Iris Hunscheid. Dennoch betont auch die Vorsitzende des Arbeitskreises unabhängiger Sortimente, dass Buchhändler wirtschaftlich arbeiten müssen. "Doch wir sind zu Vielem bereit, sind offen auch für unkonventionelle Wege", sagt sie und erzählt, dass Verleger von Regio-Verlagen sich auch schon mal ins Auto setzen und die Buchhändler der näheren Umgebung mit ihren Titeln beliefern. So ersparen sie allen Beteiligten hohe Porto­kosten und ein aufwendiges Handling.

Direkt zum Kunden

Direkt zum Kunden  Selbst wenn ein Indie-Verlag alles beachtet, liegt sein Verkaufsschwerpunkt aber nicht unbedingt im stationären Buchhandel. Wie bei Voland & Quist. Die Dresdner liefern über die GVA in Göttingen aus, mit Versand- und Rechnungsgemeinschaft. "Wir sind auch offen bei den Themen Remission und Zahlungsziele", sagt Leif Greinus, der zusammen mit Sebastian Wolter den Verlag 2004 gründete. "Der stationäre Buchhandel ist uns wichtig. Wir verkaufen hier aber nur 25 bis 30 Prozent unserer Titel."
Die Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet Voland & Quist über den Versandbuchhandel, den Rest über Direktvertrieb. »Möglich ist das, weil wir im Verlag und auch unsere Autoren sehr aktiv mit Veranstaltungen und Social Media sind«, erklärt Leif Greinus. Er verweist aber auch auf die Voland & Quist-Depotbuchhandlungen in Leipzig und Dresden: "Hier sind wir mit allen unseren Titeln präsent. Weil das auf Kommissionsbasis läuft, geht das nicht über die GVA, sondern wir kümmern uns selbst darum. Hier verkaufen wir sehr gut."

Weitere Ideen für den Vertrieb lesen Sie im Börsenblatt Heft 15, das am heutigen Donnerstag erscheint.