Zehn Jahre Deutscher Buchpreis

"Da fließen auch mal Tränen"

3. März 2015
von Börsenblatt
Ein Gespräch über den Deutschen Buchpreis und ein Resümee nach zehn Jahren. Einblicke in die Juryarbeit und Analyse der Gewinner-Romane. Am Donnerstag wurde auf der Frankfurter Buchmesse das Buch "Spiel, Satz und Sieg. 10 Jahre Deutscher Buchpreis" vorgestellt.

Die Ansichten über den Deutschen Buchpreis gehen weit auseinander. Die einen sehen die Auszeichnung als "Erfolgsstory" (Verleger Jochen Jung) und einen "hellen Scheinwerfer auf die deutschsprachige Literatur" (Buchhändler Michael Lemling), andere kritisieren das Auswahlverfahren, den Wettbewerb als "entwürdigendes Spektakel" (Autor Daniel Kehlmann) und "die zu starke Fokussierung am Ende auf den einen Roman" wodurch andere Bücher aus dem Blick geraten (Verleger Helge Malchow). Die Diskussionen begleiten den vom Börsenverein initiierten Preis seit seiner Erfindung 2005.

Nun haben Mitarbeiter der Universität Kiel ein Buch herausgegeben, das den Deutschen Buchpreis nach zehn Jahren auf den Prüfstand stellt. "Spiel, Satz und Sieg. 10 Jahre Deutscher Buchpreis" (herausgegeben von Ingo Irsigler und Gerrit Lembke) wurde am Donnerstag auf der Messe vorgestellt.

Zu erfahren war da, dass die Auszeichnung, die den besten Roman eines Jahres prämieren will und dem Gewinner regelmäßig fünfstellige Verkaufszahlen beschert, in der Literaturwissenschaft bislang wenig Aufmerksamkeit gefunden hat. Büchner- oder Bachmann-Preis rangieren weit vorn. Für den Studenten Simon Hansen, einem der Beiträger zu dem Buch, ging es bei der Arbeit deshalb auch darum, für sich selbst "das Label Deutscher Buchpreis mit Inhalt zu füllen". 

Herausgefunden haben die Herausgeber, dass sich die Gewinnerbücher thematisch und auch formal gleichen: "Viele Romane beschäftigen sich mit der jüngeren deutschen Vergangenheit, häufig werden Familiengeschichten erzählt. Verrückte Bücher, experimentelle Formen bleiben in der Regel außen vor" − so Gerrit Lembke. Das deckt sich mit den Analysen anderer Beobachter und wird wohl kaum jemanden erstaunen.

Spannender war da schon, was Philippe Genet, beim Börsenverein zuständig für den Deutschen Buchpreis, von den Jurysitzungen, in denen seit 2005 exakt 1.647 Titel geprüft wurden, zu berichten hatte (wenngleich das meiste unerzählt bleiben musste, Genet erinnerte mehrmals an seine Schweigepflicht). Philippe Genet berichtete also von heftigen Jurydebatten ("Da fließen auch mal Tränen"), von tiefen Gräben zwischen unterschiedlichen Literaturauffassungen und der Schwierigkeit, sich auf einen Preisträger zu einigen.

Gelungen ist es dann doch, Jahr für Jahr. Im Ranking der zusammen 200 Longlist-Romane liegt übrigens der Hanser-Verlag mit 26 Nominierungen vorn.

Ingo Irsigler und Gerrit Lembke (Herausgeber): "Spiel, Satz und Sieg. 10 Jahre Deutscher Buchpreis", Berlin University Press, 272 Seiten, 19,90 Euro.