Zum Geburtstag von Kristof Wachinger

"Der Wachinger-Ton"

13. Mai 2010
von Börsenblatt
Ein Verleger mit ausgepägtem Feingefühl für Stil und Schönheit. Heute wird Kristof Wachinger 80 Jahre alt. Es gratuliert der Münchner Verleger Wolfgang Beck.

Ungewöhnlich ist schon die Schreibweise des Vornamens: Kristof mit K. Ganz anders ist Kristof Wachinger, man möchte sagen, in allem: kein weit ausgreifender Bücher-Großproduzent, sondern ein auf persönlichste Nähe zu seinen Autoren bedachter und seinen Büchern in liebevoller Sorgfalt zugewandter Verleger, Lektor, Hersteller, ja sogar Schriftsetzer in Personalunion. In seinem Verlag, Langewiesche-Brandt, erschienen nie viele Bücher auf einmal. In manchen Jahren ließen sich die Neuerscheinungen an einer Hand abzählen. Häufig waren sie schmal, immer jedoch gewichtig im Gehalt. Bedeutende Lyriker der Weltliteratur, Klassiker der Moderne wie E.E. Cummings, Robert Frost, Sergej Jessenin, Wladimir Majakowski oder jüngst die portugiesische Autorin Sophia de Mello Breyner Andresen hat Kristof Wachinger in schönen, meist zweisprachigen Ausgaben deutschen Lesern zugänglich gemacht, häufig als erster. Entdeckerbegabung bewies er auch sonst, z.B. bei Sarah Kirsch, die er schon 1969 westdeutschen Lesern vorstellte, oder bei Jochen Missfeldt und Albert von Schirnding, von dem er seit 1977 nahezu sein gesamtes erzählerisches und Gedichte-Œuvre, zuletzt im Frühjahr 2010 seinen Roman "Vorläufige Ankunft" verlegte.

Über Kristof Wachinger zu schreiben, funktioniert nicht ohne Blick auf Helga Wachinger, seine Frau. Denn beide haben sie den Verlag seit 1955 "gemacht", wie es im letzten Rundschreiben des Verlags heißt, das die Übernahme des Langewiesche-Brandt-Programms durch C.H. Beck im Juli 2010 ankündigt. Während ihrer gemeinsamen Lehrzeit Anfang der 50er Jahre in einer Hamburger Buchhandlung haben sie sich kennengelernt und 1955 dann geheiratet. Für Kristof Wachinger war es damals schon die zweite Lehre; denn in ganz jungem Alter von 16 bis 18 Jahren, bevor er das Abitur nachholte, absolvierte er eine Lehre als Schriftsetzer. Zahlreiche Umschläge seiner Bücher hat er bis zuletzt in der im Kellergeschoß des Ebenhausener Verlagshauses eingerichteten "Offizin Tertia" eigenhändig gesetzt. Für den zweifach Gelernten blieb die Berufsausbildung stets ein persönliches und über viele Jahre auch ehrenamtliches Anliegen als Vorsitzender des Ausschusses für Berufsbildung im Börsenverein, der ihn 1990 mit der Goldenen Nadel ehrte.

Wer Kristof und Helga Wachinger persönlich kennt, weiß es: Beide sind auf liebenswürdigste Weise kultiviert, in einer spezifischen – soll man sagen: altmodischen? – Art von Zügen, die leider auszusterben droht. Geistes- und Herzensbildung gehören dazu, Gesprächs- und Briefkultur, der ganz eigene "Wachinger-Ton" mündlich und schriftlich, Selbstbewußtsein plus Bescheidenheit, aufmerksamste Zuwendung als Gastgeber, nicht zuletzt: Feingefühl für Stil und Schönheit, stetige Präsenz der Literatur. Dafür Dank zu sagen als Beschenkte, für 55 Verlagsjahre ohnehin, ist gewiß nicht fehl am Platz. Und natürlich: Herzlichste Glückwünsche zum 80. Geburtstag am 13. Mai!