Kununu-Chef Florian Mann im Interview

"Flexibles Arbeiten steht an erster Stelle"

12. März 2015
von Börsenblatt
Arbeitgeberbewertungsportale verraten viel über ein Unternehmen. Verlage fürchten ausgeschiedene Nörgler, nutzen aber auch Chancen beim Employer-Branding. kununu-Geschäftsführer Florian Mann verrät im Interview, was Nutzer bei ihm suchen - und was das für die Personalentwicklung in Unternehmen bedeutet.

Rund 780.000 Bewertungen stehen nach Medienberichten auf kununu. Wie stark haben Sie die Medienbranche / Buchhandelsbranche vermessen?Die Branche Medien ist ein solider Arbeitgeber: Für die Medienbranche aus dem gesamten DACH-Gebiet verzeichnen wir mehr als 10.000 Bewertungen zu rund 3.000 Unternehmen, zwei Drittel davon aus Deutschland. Durch prominente Auffindbarkeit in den Google-Suchergebnissen und der Verknüpfung mit XING erzielen diese-Bewertungen auch eine enorme Reichweite: 4,7 Millionen Mal wurden allein die Erfahrungsberichte zu deutschen Medienunternehmen bislang aufgerufen, nicht nur von Bewerbern, sondern auch Eltern von Azubis und natürlich den Mitbewerbern.

Wie gut schneidet die der Mediensektor laut Erfahrungsberichten ab?
Im guten Mittelfeld, mit einem Branchen-Durchschnitt von 3,49 von 5 Punkten.

Arbeitgeber haben auch Angst vor Ihnen, Angst, dass vor allem die Enttäuschten bewerten und die Zufriedenen schweigen.Arbeitgeber müssen vor kununu keine Angst haben, sondern vielmehr unser Portal als effizientes Tool für Personalarbeit sehen. Ein Blick auf die Erfahrungsberichte zeigt, dass Mitarbeiter unterschiedliche Motive haben, ihren Arbeitgeber zu bewerten: Die Freude über den neuen Job oder lobende Worte vom Chef wecken positive Emotionen und veranlassen zur Bewertung. Aber auch Überstunden ohne Ende oder frustierende Arbeitsbedingungen lassen mal schnell zur Tastatur greifen, um vielleicht Gehör zu finden. So unterschiedlich die Erlebnisse am Arbeitsplatz von jedem Mitarbeiter sind, ausgewogen ist jedoch die Tonalität: Eine aktuelle Analyse der kununu-Erfahrungsberichte hat ergeben, dass sich knapp die Hälfte der bewerteten Unternehmen über eine Gesamtnote von mindestens 3 Punkte freuen darf.

Wie schützen Sie Unternehmen vor ungerechtfertigter oder verleumderischer Kritik?Mehrere Kontrollinstanzen stellen sicher, dass die Gesetze klar eingehalten werden und konstruktive Kritik im Vordergrund steht. Für Arbeitgeber, die Kritik zu lesen bekommen, lohnt es sich genau hinzuschauen: Sind es einzelne Nörgler, die kein Unternehmen der Welt zufriedenstellen kann oder weisen sämtliche Bewertungen auf eine bereits intern bekannte Schwachstelle hin? Dann kann ein Erfahrungsbericht zum hilfreichen Instrument werden, um etwaige Arbeitsplatzverbesserungen gezielt anzugehen. Arbeitgeber können kritische Bewertungen außerdem kommentieren oder Stellungnahmen abgeben.

Kostet das etwas?Nein.

Stichwort Employer Branding: Inwiefern können Personalentwickler Arbeitgeber-Bewertungsportale sinnvoll für das Recruiting einsetzen?Positive Bewertungen wecken das Interesse von Bewerbern und erleichtern das Recruiting. Laut Bitkom-Studie informiert sich heute bereits jeder vierte Bewerber auf Bewertungsportalen über potenzielle Arbeitgeber. Zusätzlich kann ein Unternehmen gegen Entgelt ein Employer Branding-Profil erwerben und neben den Bewertungen zusätzliche Informationen wie Fotos vom Arbeitsalltag oder offene Stellenangebote präsentieren. Das Portrait wird auf kununu und XING veröffentlicht und erreicht so monatlich mehr als 32 Millionen Besuche.

Was kann ein Unternehmen sonst tun, um seine Ergebnisse in den Rankings aktiv zu verbessern ohne zu zahlen?Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wenn Unternehmen aktiv ihre Mitarbeiter zum Bewerten aufrufen, diese sich überwiegend positiv äußern. Sie empfinden die Einladung, offenes Feedback abzugeben, als sehr wertschätzend und freuen sich über die aktive Miteinbeziehung. Wichtig ist jedoch den Mitarbeitern zu vermitteln, dass die Bewertungen ernst genommen werden und mit dem geäußerten Feedback auch wirklich gearbeitet wird. In erster Linie muss das Unternehmen also schlicht und ergreifend tatsächlich ein guter Arbeitgeber sein und seine Verantwortung entsprechend ernst nehmen.

Gibt es Lorbeeren für vorbildliche Unternehmen?Gute Arbeitgeber werden von uns mit Gütesiegeln ausgezeichnet: Unternehmen, die mehr als sechs Arbeitgeber-Bewertungen mit über drei Punkten aufweisen, werden mit dem Status kununu TOP COMPANY ausgezeichnet. Arbeitgeber, die aktiv Bewertungsaufrufe lancieren, Stellungnahmen abgeben oder ein Employer Branding-Profil betreiben, erhalten das kununu OPEN COMPANY-Gütesiegel.

Arbeitnehmer geben bei Ihnen anonymisiert Auskünfte, die sie sonst wohl nicht öffentlich machen würden. Welche Faktoren machen zufriedene Arbeitnehmer Ihrer Erfahrung nach aus?Wir haben erst kürzlich eine Erhebung durchgeführt, welche Benefits für Arbeitnehmer am wichtigsten sind: Aus über 100.000 Suchanfragen von Jobinteressierten wurden die TOP 10 der beliebtesten Nebenleistungen ermittelt. Flexibles Arbeiten, Homeoffice und eine Kantine werden am häufigsten gewünscht. Goodies wie Coaching, Mitarbeiter-Events, Mitarbeiter-Beteiligung oder Betriebsarzt sind vergleichsweise von geringer Relevanz und erscheinen nicht unter den TOP 10 Kriterien. Diese Erkenntnisse decken sich auch mit unseren Rankings: Firmen, die flexibles Arbeiten und Homeoffice anbieten, haben als TOP Company meist die Nase vorn.

Wie groß sind nach Ihrer Erfahrung die Unterschiede zwischen den Generationen? Wollen alle das gleiche – oder tickt die oft zitierte Generation Y tatsächlich anders?Wir sehen anhand der Bewertungen, dass die Generation Y sehr überlegt ihre Karrierewege plant. Bewerber dieser Generation nutzen sämtliche Kanäle, um sich über einen potentiellen Arbeitgeber zu informieren, bevor sie eine Jobentscheidung treffen. Der Job muss den jeweiligen Bedürfnissen entsprechen und ein Maximum an Flexibilität bieten. Als Ideal gilt ein sinnstiftender Job, der jedoch mit großem Einsatz betrieben wird, sobald alle Anforderungen passen. Unternehmen, die sich gerne authentisch und offen präsentieren, werden von der Generation Y bevorzugt.

Welche Rolle spielt das Gehalt für Nachwuchskräfte?
Unser Ranking für Mitarbeiter zeigt klar auf, dass finanzielle Nebenleistungen wie Firmenhandy, Dienstwagen oder Mitarbeiterrabatte weniger gefragt sind. Weiche Kriterinen gewinnen immer mehr an Bedeutung. Den Mitarbeitern ist eine ausgewogene Work-Life-Balance wichtiger, dementsprechend können Arbeitgeber mit Benefits wie flexibles Arbeiten und Homeoffice punkten, das gilt für den Nachwuchs aber genauso wie für ältere Arbeitskräfte.